Samstag, 3. April 2021
Mars07-Die Verkäuferin (2)
Ich führe den Effekt vor, indem ich das Halsband um meinen linken Arm lege und mit der freien Hand an der Leine ziehe.
?Ist das nicht etwas zu viel des Guten?? erkundigt sich die Frau besorgt. Sie schaut das Halsband misstrauisch an.
Offenbar ist ihr das Produkt noch nicht ganz geheuer. Ich schüttele langsam den Kopf und versuche, ihre Bedenken zu zerstreuen:
?Das Halsband wird nur bis zu einer bestimmten Grenze enger. Ihr Doggie kann also immer noch atmen, es fällt ihm nur etwas schwerer. Es ist ein natürlicher Reflex, dass er den Zug auf die Leine lösen wird, sobald er den Druck am Hals spürt.?
Ich nehme das Halsband von meinem Arm und reiche es der Kundin. Sie wiegt es mit Bedacht eine Weile in der Hand, dann nickt sie.
?Ich glaube, Sie haben Recht. Ich nehme es,? antwortet sie schließlich und wirft einen Blick auf den Preis, ohne jedoch etwas dazu zu sagen. Ich begleite die Kundin an die Kasse. Da dort Tina steht, überlasse ich ihr das Kassieren.
Ich will mich gerade umdrehen, um meine Arbeit in den Regalen wieder aufzunehmen, als bereits eine neue Kundin den Laden betritt. Sie ist deutlich jünger als die Vorherige und trägt eine modische Hose, sowie ein enges Top.
?Hallo, kann ich Ihnen weiterhelfen?? spreche ich sie höflich an, doch sie schüttelt den Kopf.
?Nein danke, ich schaue mich erst einmal etwas um,? erwidert sie lächelnd.
?Kein Problem!? antworte ich. ?Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich einfach an mich, oder meine Kollegin.?
Ich gehe nun doch wieder zu dem Regal, an dem ich vorhin gearbeitet habe. Gerade will ich einen großen Korb zur Seite schieben, als die junge Kundin neben mir auftaucht. Wieder lächele ich der jungen Frau höflich zu. Sie schaut mich mit einem hilfesuchenden Blick an.
?Wie kann ich Ihnen helfen?? erkundige ich mich nun und wende mich zu ihr um.
Sie erwidert mein Lächeln kurz und sagt:
?Ich brauche eine gute Gerte für das Dressurtraining.?
Ich nicke ihr freundlich zu und gehe mit der jungen Frau in einen anderen Gang.
?Da kann ich Ihnen bestimmt helfen. Wir haben eine große Auswahl an Gerten!? erkläre ich optimistisch und führe die Kundin vor ein langes Regal. Dort wird eine große Anzahl verschiedener Gerten angepriesen. Ich stelle mich seitlich davor, so dass ich die junge Frau anschauen kann, und erkundige mich:
?Suchen Sie eher eine weiche oder eher eine harte Gerte??
Die Kundin überlegt einen Augenblick. Anscheinend ist sie sich nicht sicher, so dass ich noch einmal nachhake:
?Um was für ein Pony handelt es sich denn??
?Es geht um einen recht großen Hengst!? erklärt die Kundin.
Ich nicke und rate ihr:
?Dann brauchen Sie schon eine etwas schärfere Gerte. Ansonsten wird der Hengst kaum darauf reagieren!?
Mit den Augen suche ich das Regal ab. Nach kurzem Zögern greife ich nach einer langen, schwarzen Gerte, deren Spitze nur aus einer dicken Schnur besteht.
?Diese Gerte ist dafür sehr gut geeignet und wird von unseren Kunden gerne für größere Hengste genommen.?
Ich lege der Kundin die Gerte in die Hand. Sie probt, wie sie sich anfühlt und holt einige Male leicht aus, bevor sie sie geräuschvoll durch die Luft sausen lässt.
In der Zwischenzeit habe ich eine weitere Gerte herausgesucht, deren Spitze aus einer schmalen Lederschlaufe besteht.
?Diese Gerte ist ebenfalls für den Einsatzzweck geeignet. Sie ist nicht ganz so scharf, dafür knallt sie lauter,? erkläre ich ihr die Alternative freundlich.
Die junge Frau testet auch diese Gerte. Sie gibt sie anschließend aber wieder zurück.
?Ich glaube ich gehe auf Nummer sicher und nehme die Erste!? meint sie und richtet ihren Blick auf die Spitze des Artikels.
?Gerne. Damit wird der Hengst sicher jedem Kommando folgen,? stimme ich zu und führe die Kundin zur Kasse.
Auch wenn mir der direkte Kundenkontakt Spaß macht, führen die Verkaufsgespräche doch dazu, dass ich von meinen anderen Aufgaben nicht besonders viel geschafft habe. Es ist immer schwierig, auf der einen Seite für ausreichenden Umsatz zu sorgen, und auf der anderen Seite den Laden ordentlich zu halten. Aber natürlich gehen die Kunden vor!

*

Mein Name ist Tim Armstrong. Ich bin vor einiger Zeit auf dem Mars gestrandet. Vorher bin ich als Astronaut für die Space Resource Corporation im All unterwegs gewesen. Aber nach meinem Flug durch den Meteoriten-Schwarm, dem ich nur durch sofortiges Absprengen der Kommandokapsel entkommen bin, habe ich es vorgezogen, mich auf dem Mars anzusiedeln. Damit entziehe ich mich den hochnotpeinlichen Befragungen der Weltraumbehörde auf der Erde.