Donnerstag, 2. April 2020
Sarah, die Youtuberin (4)
Einen Monat später bin ich wieder in Siebenbürgen. Statt zu fliegen, habe ich meinen Hausstand auf einen gemieteten LKW geladen und die Wohnung gekündigt. Damals am Vortag unseres Rückfluges habe ich das Grundstück mit Haus, die komplette Einrichtung und die Tiere gekauft und dafür nur einen kleinen Eurobetrag gezahlt. Dafür bringe ich den alten Leuten nun meine Möbel, die ihr Sohn ihnen in ihrer Stadtwohnung aufbaut.
Ich habe ihnen ihr Sofa gelassen und will an seiner Stelle meine Couch ins Wohnzimmer stellen. Das mag ein Anachronismus zwischen den alten Möbeln sein, aber so habe ich eine zusätzliche Schlafgelegenheit.
Nach dem Abladen bezahle ich den LKW-Fahrer und schaue mich nach einem Mietwagen um mit Anhänger, um meine Couch an ihren Bestimmungsort zu bringen. Ich achte darauf, dass der Wagen geländegängig ist. Das erscheint mir sicherer auf dem Waldweg.
Danach fahre ich zu meinem neuen Haus und richte mich ein. Erst einmal räume ich nur wenige Umzugskisten aus und deren Inhalt in die Schränke.
Allmählich gewöhne ich mich an das Leben auf dem Land. So neu ist es für mich nicht, da meine Großeltern auch zum Teil Selbstversorger gewesen sind, einen Nutzgarten bewirtschaftet und Hühner gehalten haben. Trotzdem decke ich mich in Hermannstadt mit Fachliteratur zum Thema ein. Das Einmachen meines Gemüses und des Obstes für den Winter will ich mir sparen. Ich entscheide mich, die Frischware auf dem Markt zu verkaufen und dafür Konserven und Gläser mit eingemachtem Gemüse und Obst zu kaufen.
Ein Problem habe ich dennoch: Handy- und Internetempfang ist bei mir nicht möglich. Ich fahre also in die Umgebung, zum einen um sie kennenzulernen, zum anderen aber auch um festzustellen wo ich Empfang bekomme.
Als nächstes kaufe ich mehrere Säcke Mörtel und lege eine Schicht ‚Beton‘ über den Hof und das Peetschi, um bei Starkregen nicht zu versinken. Dann ist auch das bestellte Windrad im Nachbarort zum Abholen bereit. Laut Hersteller soll es den Strombedarf einer Familie decken können. Nun kann ich Leitungen verlegen lassen, um Strom für Kleingeräte und Licht zu haben.
Die Wärme zum Kochen, Heizen und Baden kommt weiterhin aus den entsprechenden Öfen. Mit dem Kauf des Hauses habe ich auch das Recht erworben, im angrenzenden Wald Holz für den Eigenbedarf zu schlagen. Wasser kommt aus einer Grundwasser-Handpumpe im Keller. Der kommende erste Winter ist eine besondere Erfahrung für mich. Den Mietwagen habe ich bald zurückgegeben. Dafür habe ich in der Kfz-Werkstatt des nahen Dorfes einen billigen Wagen gekauft. Dafür muss ich den Wagen bei Problemen immer dort reparieren lassen.
Von Zeit zu Zeit kaufe ich auch einen Strohballen, um der Ziege über den Winter zu helfen und das Außenklo zu betreiben. Dort wechsele ich, genau wie in den Ställen, das Stroh und häufe damit Kompost für den Garten am Ende des Grundstücks auf, den ich mit einer Schicht Erde bedecke.

*

Im kommenden Frühsommer besucht Peter mich für ein Wochenende. Er will sehen, wie ich den Winter überlebt habe, und ob es sich überhaupt so leben lässt. Das Außenklo bemängelt er gleich zu Beginn. Ich zucke mit den Schultern:
„Irgendwo muss man Kompromisse eingehen. Es ist halt nicht alles Gold, was glänzt. Wir haben hier weder eine Anbindung an ein öffentliches Abwassernetz, noch Frischwasser aus der Leitung, oder ein Stromnetz…“
„Und du willst tatsächlich in Zukunft so leben? Was ist, wenn du alt wirst?“
„Meine Großeltern und deren Vorfahren haben so gelebt! Ich war immer gerne dort,“ antworte ich lächelnd, „und die Arbeit an der frischen Luft hält jung!“
„Naja, wenn du meinst…“ sagt er und grinst.
„Und so bleibt das Filmset für mögliche Fortsetzungen erhalten,“ bringe ich das Gespräch wieder auf den Anfang zurück.
„Du willst den Film also immer noch machen?“ fragt Peter neugierig.
„Ja, sicher!“ antworte ich. „Auch wenn er nur geringe Einnahmen bringen würde und wir sie uns teilen, sind es immer noch Einnahmen!“
„Und wie hast du dir das weitere Vorgehen gedacht?“
„Ich schalte Anzeigen in den großen deutschen Tageszeitungen hier in Siebenbürgen. Die meisten Leute erreicht man heute aber wohl über das Internet. Das wäre dann deine Aufgabe. Vielleicht über Facebook oder ähnliche Kanäle, auch Youtube…
Die jungen Frauen sollen sich mit Portrait und Ganzkörperfoto bewerben – natürlich bekleidet! Sie sollen ihre Körpermaße angeben und etwas über sich und ihren Charakter schreiben.
Dann senden wir uns gegenseitig die Zuschriften zu und wählen getrennt aus. Die Frauen, die wir beide als geeignet halten, laden wir zum Casting ein. Die Handvoll Frauen, die das Casting gemeistert haben, laden wir dann hierher zum Filmset ein. Mit etwas Glück haben wir dann die Darstellerin.“
„Okay, ich bin gespannt!“ meint Peter.
„Und ich erst!“ stimme ich ihm zu.

*