Donnerstag, 9. April 2020
Sarah, die Youtuberin (12)
Sarah ist mir eine Freude. Sie geht voll in ihrer Rolle auf, manchmal auch zu meinem Leidwesen, wie das feuchte Wecken an unserem ersten gemeinsamen Morgen. Aber ich nehme es hin, denn sie soll sich ja am Verhalten echter Hunde orientieren und ihre Gefühle ausleben.
Nach und nach bringe ich ihr alle Hundekommandos bei, die ich kenne und gehe mit ihr in die Umgebung zum Apportieren und für andere Hundespiele. Währenddessen reißt sie immer wieder die Initiative an sich und lässt mich hinterherlaufen. Dabei bleibt sie stets auf allen Vieren.
Dazu habe ich ihr den „Bear Crawl“ beigebracht. Das ist eine Workout-Sportart aus Japan und den USA, wobei die Crawler die Knie vom Boden anheben müssen. Anfangs hat sie daher oft Muskelkater in den Beinen. Dann massiere ich ihre Muskeln mit einem angewärmten Öl ein.
Schließlich ist sie im „Bear Crawl“ auf offener Strecke schneller als ich auf zwei Beinen. Das lässt immer wieder den Schalk in ihr hochkommen und ich muss es ausbaden. Aber genau das habe ich ja von Anfang an so gewollt. Petplay soll Spaß machen! Die Arbeit auf dem Hof im Garten und mit den Tieren ist anstrengend. Da ist die tägliche Auszeit, das befreiende Lachen, sehr wichtig.
Nebenbei arbeiten wir auch an einem zweiten Video für Youtube. Dafür nehme ich einzelne Sequenzen unseres täglichen Petplays mit dem Handy auf und bearbeite sie später am Laptop. Nachdem das erste Video eine fiktive Vorgeschichte gezeigt hat, will ich so im zweiten Video das tägliche Miteinander in einer Zusammenfassung beleuchten.


Zweites Video – Die Story (von Sarah erzählt)

Inzwischen hat der Mann mir seinen Namen genannt. Er heißt Robert. Insgeheim probiere ich des Öfteren, den Namen auszusprechen. Das ist schwierig, da ich nie sprechen gelernt habe.
Wir schlafen in getrennten Zimmern. Geht aber morgens die Sonne auf und taucht das Schlafzimmer durch die Schlitze der Fensterläden in ein Dämmerlicht, stehe ich auf und gehe hinüber ins Wohnzimmer, wo Robert auf der Couch schläft. Ich klettere hoch zu ihm auf das große weiche Kissen und stelle mich über ihn. Danach beuge ich mich zu ihm hinunter und lecke ihm über die Wange, Nase oder Stirn, je nachdem was ich gerade kann.
Auch heute Morgen wieder wecke ich Robert auf diese Weise. Ich finde es immer lustig, seine Abwehrbewegungen beim Aufwachen zu beobachten. Danach schlägt er die Augen auf und stemmt sich hoch.
Ich klettere dann von der Couch und lasse ihn aufstehen. Sein erster Gang ist immer der zum Waschtisch. Dort gießt er Wasser aus dem Krug in die Waschschüssel und wäscht sich. Anschließend putzt er sich die Zähne und rasiert sich. Danach trägt er die Schüssel hinüber ins Bad und gießt sie in der Wanne aus.
Mit der Schüssel zurück im Schlafzimmer gießt er noch einmal Wasser aus dem Krug hinein und stellt sie vor mich auf den Boden, wenn ich anwesend bin. Zumeist ruft er mich aber heran, weil ich in der Zwischenzeit irgendwo im Haus unterwegs bin. Er legt Waschlappen und Zahnbürste mit Zahnpasta auf ein Holzbrettchen daneben.
Ganz zu Beginn hat er mir beigebracht, meine Vorderpfoten als Hände zu benutzen. Während ich mich wasche, zieht er sich im Bad um und legt das Bettzeug von der Couch gefaltet in eine Truhe. Ich ziehe mir im Schlafzimmer eine andere Shorts und T-shirt an. Schuhe hat Robert mit besorgt und Lederhandschuhe vervollständigen meine Kleidung.
Dann versorgen wir die Tiere im Garten. Das heißt, eigentlich versorgt Robert sie. Ich bin auf allen Vieren dabei und schaue ihm zu. Mit Milch und Eiern gehen wir wieder in das Haus zurück und Robert macht das Frühstück für uns Beide.
Anschließend proben wir die Hundekommandos. Oft sabotiere ich das Training mit einer für ihn unerwarteten Aktion. So wiederholen wir gerade das Kommando „HOL“. Er wirft einen kleinen Ball in eine Wohnzimmerecke. Ich laufe hin, nehme den Ball mit dem Mund auf und drehe mich in seine Richtung. Er lächelt mir in froher Erwartung zu. Dann aber lasse ich mich zur Seite fallen, rolle ab und knabbere auf dem Ball herum, ihn zwischen den Vorderpfoten haltend und dabei Robert beobachtend.
Nach einigen Minuten erhebt er sich und nähert sich mir. Ich springe auf und stoße den Ball mit einer Vorderpfote weg. Robert grinst nun und schaut nach dem Ball. Der rollt gegen die Couch und springt in einem anderen Winkel weg. Ich laufe dem Ball auf allen Vieren entgegen, während Robert den Couchtisch umrunden muss. Wir müssen beide lachen.
Dabei bin ich kurz unaufmerksam und Robert hält den Ball mit einem Fuß auf. Er setzt sich auf den Boden und sagt:
„Hey, EMMA! Schau mal, was ich hier habe. Na, komm, HOLs dir!“
Als ich bei ihm bin, gibt er mir den Ball aber nicht sofort, sondern bewegt die Hand mit dem Ball ruckartig mal zu der einen, mal zu der anderen Seite. Ich will den Ball wiederhaben und folge den Bewegungen seiner Hand mit dem Kopf, aber er lässt den Ball eine ganze Weile nicht los.
Schließlich setze ich mich auf meine Fersen und knurre ihn an. Er merkt, dass mir das Spiel allmählich zu bunt wird, holt ein Apfelstückchen aus seinem Beutel, gibt es mir und lässt den Ball zwischen meine Vorderpfoten fallen. Ich esse das Stückchen und laufe mit dem Ball in eine Zimmerecke. Dort liegt eine Decke mit meinem Namen hineingestickt, die er extra für mich besorgt hat.
Robert erhebt sich vom Boden und sagt:
„Ich mache jetzt die Gartenarbeit. Bleib ruhig auf der Decke liegen, wenn du ein wenig ausruhen willst. Oder komm hinterher, wenn du mir zuschauen möchtest…“