Freitag, 10. April 2020
Sarah, die Youtuberin (13)
Da ich keine Anstalten mache aufzustehen, geht er alleine los. Er schließt die Küchentür hinter sich. Bald ist mir das Spiel mit dem Ball langweilig und ich beginne zu dösen. Aber nicht lange danach laufe ich zum Küchenfenster und beginne zu bellen.
Robert erhebt sich hinter einem Strauch, schüttelt mit dem Kopf und kommt zurück zum Haus. Bald darauf kommt er zur Küchentür herein. Ich laufe zu ihm und streiche mit der Seite an seinem Oberschenkel entlang. Er streicht mit durch mein Haar und sagt:
„Fühlst du dich einsam? Ich muss aber auch hin und wieder in das nächste Dorf fahren, Lebensmittel kaufen und unsere verkaufen. Da bin ich einige Stunden weg! Deine Aufgabe wäre es dann, das Haus zu bewachen.“
Er geht bei den Worten zur Küchentür und lässt mich hindurch. Das Gleiche macht er an der Hoftür, und sagt dann:
„Die Türen müssen immer zu sein, wenn keiner hindurch geht! Ich will keine Nager im Haus haben!“
Anschließend nimmt er seine Gartenarbeit wieder auf und ich beobachte ihn dabei, froh in seiner Nähe zu sein. Bald erhebt er sich aber wieder, streckt sich und meint:
„Ich glaube, es ist Zeit das Mittagessen zu machen.“
Beim Gedanken an das Essen grummelt es in meinem Bauch. Ich fühle Hunger. Er geht, gefolgt von mir, in die Küche zurück und beginnt mit den Vorbereitungen. Dann nimmt er eine Pfanne und brät etwas. Anschließend schneidet er eine Portion in kleine Stücke und schüttet sie in eine Schale, die er mir neben sich auf den Boden stellt. Nun beginnt auch er zu essen. Nachdem ich satt bin, lässt er mich trinken und reinigt sanft meine Mund- und Kinnpartie. Danach werden die wenigen Teile sofort in der Waschschüssel gespült und es geht wieder nach draußen. Dabei nimmt er ein rundes leuchtendrotes Teil mit.
Robert steuert zuerst den Hühnerstall an, wo er die pflanzlichen Essensreste hineinwirft. Das leuchtendrote Ding deponiert er erst einmal über den Gartengeräten auf einem Regal.
Irgendwann ist er fertig und stellt das Gartengerät weg. Er schaut sich nach mir um und nimmt ein weiteres Apfelstückchen zur Hand. Ich komme näher, aber er hält es mir über den Kopf. Ich versuche heran zu kommen und hebe Oberkörper und Vorderpfoten an. Er hebt die Hand mit dem Apfel höher. Nun versuche ich zu hüpfen.
Es braucht einige Versuche bis er zufrieden „MACH MÄNNCHEN!“ sagt. Er gibt mir das Leckerlie und nimmt mich in dieser Stellung, in der ich mich mit dem Hintern auf den Fersen befinde und die Vorderpfoten in Schulterhöhe halte, in den Arm und drückt mich an sich. Dazu sagt er froh:
„Gut gemacht, EMMA! Gutes Mädchen!“
Das Lob macht mich stolz!
„Wir könnten einmal mit der Frisbee-Scheibe in den Wald gehen!“ redet er weiter.
Ich runzele die Stirn. Eine Frisbee kenne ich noch nicht. Er nimmt das leuchtendrote Teil und geht damit bis zum Ende des Peedchis -Pfädchens- hinter der Weide für die Ziege und wendet sich hier nach rechts. Dort ist neben der Weide auch der Graben zu Ende, der hinter dem Unterstand für das Auto beginnt. Hier hinein läuft das Wasser, das Robert in die Wanne, oder gleich dahinter in die Waschbottiche schüttet. Auch das Regenwasser vom Dach wird da hineingeleitet. In dem Graben wächst Schilfgras.
Wir gehen daran vorbei und nach wenigen Metern stehen schon die ersten Bäume des Waldes, Robert wählt eine Stelle und wirft das runde Teil weg. Ich schaue hinterher. Es steigt zuerst an. Dann nähert es sich in einem leichten Bogen dem Boden, der dort mit Laub bedeckt ist. Er sagt lächelnd:
„Na, EMMA? Magst du nicht spielen? HOL das Teil! Emma, HOL es zurück!“
Ich laufe also dahin, wo ich es zuletzt gesehen hab. Aber es liegt nicht auf dem Waldboden. Robert ist mir gefolgt und sieht mich hilflos umherschauen.
Er lächelt mir aufmunternd zu und sagt jetzt:
„SUCH, EMMA! SUCH! Es ist hier irgendwo… bestimmt unter das Laub gerutscht.“
Ich habe mich ratlos hingesetzt. Nun erhebe ich mich wieder auf alle Viere und durchstöbere das Laub unter mir, indem ich es nach rechts und links wegschiebe. Zuerst drehe ich mich dabei auf der Stelle. Dann ziehe ich einen engen Kreis um das entstandene Loch und vergrößere den Kreis immer mehr. Dabei stoße ich zumeist auf kleine Zweige im Laub. Bald sehe ich etwas Leuchtendrotes unter mir im Laub. Ich lege es frei und habe endlich das Ding, das Robert Frisbee nennt, gefunden und bringe es ihm.
Er freut sich und lobt mich für die unermüdliche, und deshalb erfolgreiche Suche. Ich lehne mich an seine Beine und reibe meine Wange an seinem Oberschenkel. Robert streicht mir nun lächelnd übers Haar.
Danach wirft er die Frisbee noch ein paar Male. Ich bringe es ihm immer wieder zurück. Schließlich macht er sich wieder auf den Rückweg und sagt mir mit einem „BEI FUSS!“, dass ich mich neben ihm halten soll.
Im Garten zieht er noch zwei orangene Wurzeln aus der Erde, die er Möhren nennt. In der Küche setzt er sich damit an den Tisch, schält die Möhren und raspelt sie in eine Schüssel. Die Schalen bringt er eben zu den Hühnern. Wieder zurück in der Küche nimmt er eine Schale mit einer weißen Masse aus einem weißen metallenen Schrank. Er schüttet sie zu den Möhren in die Schüssel und verrührt beides miteinander.
Anschließend schneidet er vom Brot ein paar Scheiben ab und streicht sich die Masse darauf, während er mir einen Teil der Masse in meine Schale gibt. Den Rest stellt er wieder in den weißen Schrank, den er Kühlschrank nennt, zurück.
Mit der Zeit kenne ich mich mehr und mehr im Haus aus, weil Robert alles kommentiert, was er tut. Früher, gefühlt in einer fernen Vergangenheit, haben Maja und ich nicht ins Haus gedurft. Unser Zuhause damals ist der Schuppen am Rand des Hinterhofes gewesen.
Ich senke meinen Kopf über meine Schale und beginne die halbfeste Masse mit den Lippen aufzunehmen und zu schlucken, während Robert seine Brotscheiben isst. Die Schale leert sich zusehends, denn die Masse ist lecker. Nur an den Rand komme ich nicht richtig heran. Während meiner Versuche, auch dort an die Masse zu kommen, schiebe ich die Schale über den Küchenboden. Schließlich gebe ich auf und schaue Robert an.
Er hat während des Essens immer wieder zu mir hingeschaut. Jetzt lacht er, zwinkert mir zu und sagt:
„ZU MIR, EMMA! Und bring deine Schale mit!“