Samstag, 25. April 2020
FLY, der Puppy (3)
„Etwas leichtes,“ antworte ich ihm. „Bring nächstes Mal eine Leggins und ein T-shirt mit.“
„Okay,“ meint er und krabbelt ein paar Meter auf Händen und Knien in den Wohnraum hinein.
Er dreht sich zu mir um und fragt, zu mir aufschauend:
„Ist das so richtig?“
Den Kopf schüttelnd, lächele ich ihn an.
„Anfangs kannst du das gerne so machen. Später solltest du aber auf Händen und Fußballen laufen, dann bist du beweglicher,“ antworte ich.
Da er mich jetzt zweifelnd anschaut, nicke ich ihm aufmunternd zu und ergänze:
„Das bringe ich dir alles bei, noch ist kein Meister vom Himmel gefallen!“
Danach nehme ich ein Maßband aus einer Schublade und lasse ihn eine Faust machen. Ich messe den Umfang seiner Faust und erkläre ihm, dass ich auch Pfotenfäustlinge für ihn bestellen will. In einem Onlinekatalog zeige ich ihm, wie sie aussehen werden und sage:
„Natürlich hat der Tierzubehörladen auch Pfotenschuhe, um Hunde daran zu hindern, an ihren Verbänden zu knabbern, wenn sie mal verletzt sind. Du kann die gerne einmal anprobieren, aber ob selbst XXL dir passt?“
Anschließend darf er sich im Onlinekatalog eine Decke aussuchen, deren Design ihm gefällt. Beides will ich am nächsten Tag bestellen, wenn er wieder zuhause ist.
Jetzt zeige ich ihm einige Bilder und kleine Videos zum ‚Bear Crawl‘ auf meinem Handy und sage dazu, dass das in Japan und den USA eine neue Workout-Sportart ist und ermuntere ihn, das nachzumachen. Denn damit macht er den Bewegungsablauf echter Vierfüßler nach und ist genauso beweglich.
Einige Versuche später lobe ich ihn:
„Ja! Jetzt hast du es! So stehst du richtig.“
Nach einer Gedankenpause relativiere ich aber:
„Den ‚Bear Crawl‘ verwendest du am Besten nur zum Laufen. Stehst zu, dann darfst du dich auf deine Fersen setzen. Ich denke, der ‚Bear Crawl‘ geht auf die Arm- und besonders die Beinmuskeln. Da ist gelegentliches Ausruhen eine Wohltat!
„Aha,“ macht Max und versucht ein paar Schritte in der gezeigten Haltung von mir weg. Dort liegen drei bunte Bälle auf dem Boden.
Er schiebt einen der Bälle an, so dass er in meine Richtung rollt. Ich denke, er will spielen und gebe dem Ball mit dem Fuß einen Stoß in Max‘ Richtung. Aber er ignoriert den Ball, läuft auf mich zu, steigt auf die ‚Hinterbeine‘ hoch und wirft mich um. Nun liege ich auf dem Boden und er auf mir drauf.
Ich lache und wälze mich zur Seite, so dass er von mir herunterrutscht. Nun rappele ich mich auf, fasse ihn im Nacken und sage feixend:
„Böser Hund! Du bist zu groß für solche Spielchen!“
Anschließend meine ich:
„Ich merke, dir gefällt das Spiel mit dem Owner. Wir sollten wirklich zu dem Geschäft gehen und dir ein Halsband kaufen!“
„Oooch…“ macht Max, kommt dann aber auch auf seine ‚Hinterbeine‘ hoch und wir verlassen die Wohnung.
Unterwegs fragt er, mich von der Seite beobachtend:
„Das war eben wirklich alles an Reaktion von deiner Seite? Nur ‚Böser Hund‘, und damit ist es gut?“
Ich nicke ihm freundlich zu und erkläre:
„Ich habe dir verbal und durch das Fassen in den Nacken gezeigt, dass ich mit deiner Aktion nicht einverstanden war. Einem 70 Kilogramm schweren Bernhardiner zum Beispiel würde das für den Moment reichen! Mit Schlägen erreichst du als Hundehalter in der Situation eher das Gegenteil. – Und du sollst in deinem Verhalten einem echten Hund immer ähnlicher werden! Du wirst trotzdem immer Mensch bleiben…“
Fünf Minuten danach betreten wir den Laden und ich führe Max in die Abteilung mit den Accessoires. Dort probiert er zwischen den Regalen verschiedene Modelle aus und entscheidet sich schließlich für ein braunes Leder-Halsband.
In der Zwischenzeit ist eine Verkäuferin neben uns aufgetaucht. Während Max das Halsband noch etwas unschlüssig in seinen Händen wiegt, fragt sie ihn:
„Für welche Hunderasse ist es denn gedacht?“
Ich schalte mich lächelnd ein und sage:
„Für ihn!“
Ihre Gesichtszüge entgleisen für einen Moment. Sie schaut ungläubig von Max, der schüchtern lächelt, zu mir und dann wieder Max an. Also nehme ich das Heft in die Hand und sage zu Max:
„Probiere es ruhig einmal an!“
Er nimmt die Enden etwas ungelenk in beide Hände und führt sie an seinen Hals, während er mit rotem Kopf zu Boden schaut. Ich nehme ihm nun doch das Halsband ab und lege es ihm um. Leider ist es zu kurz.
Fragend die Verkäuferin anschauend, äußere ich mich:
„Das passt leider nicht! Haben sie es zufällig eine Nummer größer?“
Die junge Frau scheint aus einem Traum zu erwachen. Sie gibt sich einen Ruck und antwortet:
„Ja, im Lager haben wir noch weitere…“
Spricht es und verschwindet zwischen den Regalen.
Max schaut mich an, als wolle er jeden Moment ohnmächtig werden.
„Wir hätten doch ein anderes nehmen sollen,“ flüstert er mir schamhaft zu.
Wenige Minuten darauf ist sie wieder bei uns und reißt eine Plastikhülle auf. Sie übergibt Max das Halsband. Ich drücke ihr das zuerst anprobierte Halsband in die Hand, das sie nun mit leicht zitternder Hand an den Ständer zu den Anderen zurückhängt. Max schaut mich hilfesuchend an und ich helfe, ihm das neue Halsband anzulegen.
Diesmal klappt alles und es liegt Max locker um den Hals. Ich nehme noch eine entsprechende Leine vom Ständer. Danach gehen mit unseren Neuerwerbungen zur Kasse. Die Verkäuferin ist uns vorausgeeilt und steht nun hinter dem Tresen. Sie schaut uns an und fragt: „Geht das zusammen, oder getrennt?“, da ich die Leine in der Hand halte, während Max das Halsband trägt.
„Ich zahle!“ antworte ich und ergänze, Max zuzwinkernd: „Da er der Hund hier ist…“