Donnerstag, 11. Februar 2021
Mars01-Die Besiedelung (6)
Statt eine weitere Trainingseinheit in der Halle zu absolvieren, führt sie mich aber zu der Tür, durch die ich vor Tagen die Halle betreten habe. Es geht durch einen Gang zu einer kleinen Treppe. Unten angekommen, muss ich in einen Transportkäfig krabbeln. Der Käfig steht auf einem Rollwagen. Zwei Mitarbeiter des Ministeriums schieben den Käfig anschließend zu einer Tür.
Einer der Beiden öffnet die Tür und ich sehe davor eine Lastenrikscha warten. Der Käfig mit mir wird auf die Ladefläche gehievt und verzurrt. Dann setzt sich einer der beiden Angestellten neben den Rikschafahrer, der jetzt mit der Zunge schnalzt und sicher die Zügel schwenkt. Der Hengst davor zieht an und los geht’s.
Bald hält die Rikscha an einen Block. Der Mitarbeiter des Ministeriums steigt aus und betritt das Foyer. Er spricht mit der Concierge hinter dem Schalter. Sie nickt und reicht ihm bald darauf einen Sprechapparat. Dann wartet er ein paar Minuten.
Schließlich kommt ein Mann die Treppe herunter. Beide Männer begrüßen sich und sprechen kurz miteinander. Danach kommen sie zur Lastenrikscha heraus. Die Klappe wird geöffnet und aufs Dach des Käfigs gelegt. Ich bewege mich vorsichtig rückwärts und verlasse den Käfig.
Der Mann, der hier wohnt, mein neues Herrchen, hilft mir dabei und befestigt eine Leine an mein Halsband. Die Männer verabschieden sich voneinander und mein neues Herrchen hält mir die Tür zum Foyer seines Wohnblocks auf. Ich gehe auf allen Vieren durch die Tür und begleite ihn die Treppe hinauf und durch einen Gang zu seiner Wohnung.
Unterwegs erzählt er mir:
„Soso, du bist also Draco! Ich heiße Manuel Pinkett und meine Frau heißt Erica. Wir wohnen hier nicht schlecht. Ich bin Banker im Außendienst und oft unterwegs um Verträge abzuschließen. Dann bist du mit deinem Frauchen allein. Ich hoffe, dass ich keine Beschwerden höre! Verstehst du?“
Ich mache „WUFF!“ Wir sind inzwischen vor seiner Wohnung angekommen. Er drückt die Tür auf und lässt mich an sich vorbeigehen. Nachdem die Tür geschlossen ist, lässt er mich von der Leine und ich beginne die Wohnung zu erkunden.
Wir stehen in einem zwei Meter breiten Gang, der auch als Garderobe benutzt wird. Ich berühre mit der Nase leicht den Schuhschrank. Daneben befindet sich eine Tür. Auch hier stoße ich vorsichtig mit der Nase dagegen. Als sie aufschwingt, weiche ich verdutzt einen halben Schritt zurück. Dann fasse ich mir ein Herz und drücke mich durch den Türspalt. Hinter der Tür befindet sich ein geräumiger Zwinger. Zwischen Zimmertür und Zwingertür stehen ein Hochschrank und ein Sideboard. Schnell trete ich den Rückweg an.
Die Wand gegenüber wird von zwei Türen unterbrochen. Diejenige, die näher am Wohnungseingang liegt, lässt sich auch aufstoßen. Dahinter öffnet sich ein großzügiges Bad mit Toilette. Hinter der Tür daneben liegt eine kleine Gästetoilette mit einfacher Waschgelegenheit.
Der breite Gang ist zum Wohnzimmer hin offen. Langsam und nach allen Seiten sichernd betrete ich den großen Raum. Es ist ein großes Wohnzimmer mit Sitzlandschaft, riesigem TV und Essplatz. Neben dem Essplatz und hinter den Sanitärräumen entdecke ich eine offene Küche. Von dort kommt gerade Erica, mein Frauchen, um Manuel, ihren Mann zu begrüßen. Sie hat wohl auf dem Essplatz etwas angerichtet.
Als sie mich jetzt erkennt, tut sie sehr erfreut. Sie geht in die Hocke und legt ihre Hände auf meine Schultern. Dabei gurrt sie:
„Ah, da ist ja unser kleines Doggielein! Hast du Hunger? Ich habe hier ein schönes Fresschen gemacht! Extra zur Eingewöhnung.“
Sie ist wieder aufgestanden und nimmt eine Glasschale vom Esstisch, die sie nun vor mich auf den Boden stellt. Neugierig, aber zurückhaltend, beuge ich meinen Kopf darüber und schaue hinein. Es sieht wirklich appetitlich aus! Also beginne ich zu fressen. Hier muss ich nicht warten, bis andere Hunde satt sind…
Zwischendurch trinke ich ein paar Schlucke aus einer Trinkflasche mit speziellem Mundstück, die sie mir hinhält, wenn ich meinen Kopf auf ihren Oberschenkel lege. Das Futter ist richtig gut! Natürlich besser als das Standart-Futter beim Ministerium, aber auch besser noch, als das Futter für Yucca, das meine Eltern immer für unsere Fähe kaufen.
Nach dem Essen leint Herr Pinkett mich an und verlässt mit mir die Wohnung. Es geht den Gang entlang und die Treppe hinauf auf das Dach des Wohnblocks. Dort haben Gärtner Humus verteilt und einige der Pflanzen die hier in den Lavaröhren auf dem Mars angebaut werden können, angepflanzt.
Wir spazieren durch eine Art Park und kommen zu einem Dog-Agility-Parcours. Andere Menschen sind mit ihren Doggies schon dort. Ich schaue mich vorsichtig um, ohne einen der anderen Doggies direkt anzusehen. Herr Pinkett zieht mich weiter. Plötzlich stellt sich ein anderer Doggie quer, zeigt mir seine Breitseite, schaut mich aber nicht direkt an. Ich beuge sofort die Ellbogen und mache damit die Spielverbeugung. Damit signalisiere ich dem Anderen, dass ich harmlos bin.
In diesem Moment wird der andere Doggie schon von seinem Frauchen weitergezogen. Herr Pinkett, mein Herrchen, wechselt mit der Frau ein paar Worte, dann sucht er eine Sitzbank und setzt sich darauf. Zu mir sagt er „SITZ!“
Sofort gehe ich in die Sitz-Position neben seinen Beinen und schaue, wie mein Herrchen, dem Treiben auf dem Hundeplatz zu. Nach einiger Zeit löst er die Leine und sagt „FREI!“
Sofort springe ich auf und laufe zu den Spielgeräten, immer bedacht, keinem anderen Doggie zu nahe zu kommen. Dennoch habe ich bald einen Spielgefährten, einen etwa gleichaltrigen Doggie, der einen Gummiknochen besitzt. Er hat ihn mir ein paar Sekunden überlassen, als ich die Spielverbeugung gemacht habe. Das Spielzeug quietscht, wenn man darauf beißt.
Dann bin ich damit weggelaufen und er hat mich verfolgt. Bald habe ich den Knochen fallen gelassen und verfolge nun ihn. Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen ist, bis mein Herrchen sich wieder gemeldet hat. Er macht das über ein Impuls-Halsband, das vibriert. Ich schaue auf und suche Herrn Pinkett. Er steht vor der Bank und hält die Fernbedienung in der Hand. Sofort breche ich das Spiel ab und laufe zu meinem Herrchen.
Zurück in der Wohnung muss ich in den Zwinger. Frauchen kommt und wünscht mir eine gute Nacht. Am frühen Morgen werde ich wach. In der Wohnung ist schon emsige Betriebsamkeit. Bald darauf verlässt Herr Pinkett die Wohnung, wohl um zur Arbeit zu kommen. Frau Pinkett geht anschließend wieder zu Bett.
Ich döse die restliche Zeit vor mich hin, bis Frau Pinkett zu mir kommt. Sie ist vielleicht 12 oder 13 Marsumläufe alt, während Herr Pinkett etwa 16 Marsumläufe alt sein muss. Er verdient sicher einige tausend Stein im Monat, wenn die Eheleute es sich leisten können, dass nur einer von beiden arbeitet.
Frau Pinkett öffnet den Zwinger und setzt die gefüllte Futterschale neben mein Hundebett. Dann höre ich sie im Wohnzimmer. Sie schaltet das TV ein und wählt einen Zeichentrickfilm.