Freitag, 26. Februar 2021
Mars03-Die Hündin (4)
Manuel hat mich dabei erwischt, wie ich unseren Rüden zum Zungenspiel ermuntert habe, um in seiner Abwesenheit etwas Ablenkung zu haben. Daraufhin ist er ganz ruhig geblieben. Wenn er wenigstens wütend geworden wäre oder mich angeschrien hätte...
Stattdessen soll ich nun ebenfalls auf alle Viere gehen und in Dracos Transportkäfig kriechen. Ich will aufbegehren, aber er versetzt mir mit Dracos Leine einen leichten Schlag, der mich verstummen lässt. Er sagt:
?Wir werden eine kleine Reise zusammen unternehmen!?
Anschließend lässt er mich von zwei Männern, die er in der Zwischenzeit telefonisch hinzu gerufen hat zu einer Lastenrikscha bringen, die vor dem Haus wartet. Wenigstens begleitet er mich. Die drei Männer und der Rikschafahrer steigen vorne auf und die Fahrt beginnt.
Eigentlich kann ich mir schon vorstellen, wo das Ziel unserer Fahrt liegt. Ich mag es nur nicht wahrhaben, dass Manuel die gemeinsamen Ehejahre einfach so wegwirft und mich dem Ministerium übergibt. Nach einer anscheinend ewig dauernden Fahrt hält die Rikscha doch am Ministerium für Pets.
Ich schaue Manuel mit einem verzweifelt bittenden Blick an, doch seine Gesichtszüge sind zu einer starren Maske eingefroren.
Die Männer rollen den Käfig mit mir einen Gang entlang. Die Tür schließt sich hinter mir und entzieht mir den Blick auf meinen Mann.
Bald erreichen die Männer mit mir ein Büro. Sie geben das von meinem Mann ausgefüllte Formular der Frau hinter dem Schreibtisch. Sie fragt die einzelnen Positionen auf dem Formular bei mir noch einmal ab. Ich kann in meinem momentanen Zustand zur Antwort nur nicken. Anschließend darf ich den Käfig kurz verlassen und mich auf zwei Beinen auf eine Markierung stellen.
Die Frau wendet sich nun an den Man an ihrer Seite:
?Würden Sie nun bitte den Bodyscan durchführen, Mister Jackson??
Der Mann, der bisher stumm seitlich am Schreibtisch gesessen hat, erhebt sich und scannt nun meinen Körper mit einem Infrarot-Scanner.
Ein dünner roter Lichtstrahl erscheint und tastet meinen Körper von allen Seiten ab. Sein Ursprung liegt in verschiedenen Ecken und Höhen des Raumes. Danach muss ich wieder auf alle Viere und in den Käfig zurück, der danach verschlossen wird. Anschließend liest er eine Anzeige ab:
?137 Zentimeter groß, 22 Kilogramm schwer.?
Das Gewicht ist wegen der Schwerkraft des Mars so niedrig. Auf der Erde entspräche der Wert 58 Kilogramm. Ich, Erica, schaue den Mann an. Stumm frage ich mich, welche Details sonst noch auf seinem Tablet zu sehen sind.
?Sicher kennen die Angestellten nun alles über mich,? denke ich bei mir.
?Die Brüste haben Körbchengröße B, der Körper ist nicht sehr muskulös. Ich würde sagen, das ergibt dann auch Körperbau E,? fährt Mister Jackson fort, die Ergebnisse des Scans vom Tablet abzulesen.
Seine Kollegin nickt und sagt:
?Kommen wir also zur Tierart. Der Bedarf nach Milchkühen ist unverändert hoch, Cows haben daher auf Anordnung des Ministers Priorität,? erinnert sie ihren Kollegen.
Unwillkürlich halte ich den Atem an. ?Hoffentlich nicht!? sende ich ein Stoßgebet gen Himmel. Ich habe mich ja noch nicht einmal mit dem Gedanken angefreundet, mein weiteres Leben als Pet zu verbringen, und dann ausgerechnet als Milchkuh? Für mich wäre das die absolute Höchststrafe!
Mit schreckgeweiteten Augen verfolge ich die Unterhaltung der beiden Angestellten.
?Ich glaube nicht, dass sie als Kuh besonders gut geeignet wäre,? überlegt Mister Jackson laut. ?Laut den Daten ist das Milchgewebe noch nicht einmal durchschnittlich angelegt. Ich bezweifle, dass sie sich als Milchkuh rentieren würde.?
Die Frau hinter dem Schreibtisch nickt wieder.
?Sie können Recht haben. Was bleibt uns dann? Was sagt das System zu einem Pony??
Ich atme hörbar aus. Allmählich weicht die Angst aus meinen immer noch aufgewühlten Gefühlen. Bisher habe ich meine Brüste immer als mein Makel empfunden und andere junge Frauen beneidet. Nun empfinde ich Dankbarkeit und Erleichterung. Heute stellen sie sich tatsächlich als Vorteil heraus.
Der Mann sagt mit zweifelnder Miene:
?Dafür ist ihre Beinmuskulatur zu schwach. Diese aufzubauen wird zuviel Zeit und Unterhalt verschlingen!?
Die Frau schaut kurz auf den Bildschirm und nickt. Sie sagt:
?Dann bleibt letztlich nur noch die Doggie. Dann muss eine entsprechende Charakterisierung in ihre Unterlagen, die den neuen Owner vorwarnt.?
Beide schauen zu mir herüber. Ich höre ergeben zu, wie die beiden Angestellten über meine Zukunft entscheiden.
?Also gut, dann also eine Fähe,? entscheidet die Frau und tippt die getroffene Entscheidung in ihren Computer. Auf mich wirkt das Ganze, als ob die Angestellten eine Checkliste abarbeiten, bei der es nicht mehr um mich, Erica Pinkett, sondern nur noch um ein beliebiges zukünftiges Pet geht.

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