Dienstag, 9. Februar 2021
Mars01-Die Besiedelung (4)
Da öffnet sich die Tür der Halle erneut und eine Frau kommt herein, sicher acht Marsumläufe älter als ich. Sie trägt eine Reiterhose, Stiefel und eine enge Bluse in gedeckten Farben. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hat, kommt sie auf mich zu und mustert mich kurz.
„Hallo,“ begrüßt sie mich mit einem Anflug eines Lächelns, „mein Name ist Frau Baker. Ich werde mich in den nächsten Tagen um dich kümmern.“
Sie öffnet die Boxentür, macht einen Schritt rückwärts und sagt in strengem Ton:
„Komm mit, ‚Sunshine‘!“
Langsam setze ich einen Schritt vor den nächsten, um nicht das Gleichgewicht in den Hufschuhen zu verlieren. Im Gang vor der Box hakt sie eine kurze Führleine mit einem Karabinerhaken an den Ring an meiner Wange und führt mich den Gang zwischen den Boxen entlang auf die große freie Halle zu. Hier wendet sie sich zu mir:
„Zuerst werde ich dir beibringen, wie du dich in deinen Hufen bewegst. Wir fangen mit einem langsamen Schritt an. Mal sehen wie du dich anstellst. Ich werde mich in die Mitte stellen, du gehst langsam um mich herum!"
Sie führt mich in die Mitte des Raumes und gibt etwas Leine zu. Ich setze mich langsam in Bewegung. Behutsam stelle ich einen Fuß vor den anderen und gehe in einem Kreis um die Frau herum, die sich währenddessen auf der Stelle dreht, immer mir zugewandt. Immer, wenn die Hufe den Boden berühren, gibt es ein klackendes Geräusch.
„Heb die Knie weiter an!“ ruft meine Trainerin.
Ich nicke und komme der Aufforderung nach. Das ist anstrengend, doch ich gebe mir Mühe, die Hufe deutlich vom Boden abzuheben. So drehe ich noch eine weitere Runde, aber Frau Baker ist noch nicht zufrieden.
„Das muss noch besser werden,“ entscheidet sie und kommt näher an mich heran.
„Deine Oberschenkel müssen für einen kurzen Augenblick horizontal sein", erklärt sie und hebt mein Bein weiter an.
Ich gebe mir Mühe, den Anforderungen der Trainerin zu genügen. Das ungewohnte Gewicht der neuen Stiefel macht es mir nicht leicht. Außerdem habe ich Probleme mit dem Gleichgewicht. Dennoch sind meine Fortschritte der Trainerin nicht genug. Frau Baker nimmt eine Reitgerte vom Haken an der Wand. Von nun an erhalte ich immer wieder einen leichten Schlag mit der Gerte von unten gegen meinen Oberschenkel, wenn ich das Bein nicht weit genug anhebe.
Eine gefühlte Ewigkeit gehe ich nun im Kreis. Ein unangenehmes Ziehen in der Oberschenkelmuskulatur erschwert inzwischen jeden Schritt.
„Okay, das reicht erst einmal,“ entscheidet Frau Baker, die wohl meinen Zustand an meiner Miene ablesen kann. Sie lächelt zufrieden.
Aufatmend bleibe ich stehen. Obwohl ich nicht schnell gegangen bin, atme ich angestrengt. Neugierig warte ich ab, was wohl als nächstes auf mich zukommt.
Frau Baker führt mich aber zurück in meine Box. Sie erklärt mir lächelnd:
„Ruh‘ dich etwas aus, bis ich dich wieder abhole.“
Sie schaut mich kurz an und verschließt dann die Gittertür der Box.
Nachdem sie die Halle durch die Tür verlassen hat, wird es still um mich herum. Bis auf meine Atemzüge kann ich nichts weiter hören. Wie soll ich mich ausruhen? Es gibt hier nichts, worauf ich mich setzen kann. Ich schaue mich noch einmal um und entdecke einen Trog mit Wasser, den jemand während meines Trainings hierher gehängt haben muss.
In dem Moment verspüre ich Durst. Ich stakse also zu dem Trog, tauche mein Gesicht halb in das kühle Wasser und sauge etwas Wasser an der Gebissstange des Zaumzeugs vorbei in den Mund.
Anschließend drehe ich mich um und nähere mich der Schlafstelle. Aber nun meldet sich meine Blase. Also wende ich mich dem kleinen Strohhaufen zu, stelle mich breitbeinig davor und lasse laufen.
Nachdem ich mich erleichtert habe, stakse ich zum Schlafplatz zurück und überlege, wie ich mich mit auf dem Rücken fixierten Armen darauf niederlassen soll. Endlich entscheide ich mich dazu, mich einfach nach vorne fallen zu lassen. Im Stroh drehe ich mich etwas zur Seite und schließe die Augen. Irgendwann beginne ich, vor mich hin zu dösen.
Irgendwann höre ich Schritte näherkommen und Frau Baker taucht an der Boxentür auf. Sie öffnet sie und kommt herein. Lächelnd schaut sie zu mir herab und meint:
„Hey, du scheinst dich ja schon eingelebt zu haben… Aufstehen, das nächste Training wartet!“
Ich versuche aufzustehen, aber das will mir nicht auf Anhieb gelingen. Meine Hände sind auf dem Rücken fixiert und mit den Hufschuhen will es auch nicht recht funktionieren. Mühsam stütze ich mich in dem weichen Stroh ab und schaffte es schließlich nach einigen Versuchen, mit Schwung auf die Beine zu kommen.
Frau Baker hat zugesehen und mich machen lassen. Jetzt führt sie mich wieder in die Halle zurück. Wieder muss ich sie umkreisen. Diesmal jedoch in einem viel höherem Tempo.
Zuerst hat sie ein paar Runden im Schritt sehen wollen. Danach verlangt Frau Baker, dass ich trabe. Wieder muss ich mir eine andere Schrittfolge merken. Auch hierbei muss ich die Beine weit anheben und werde mit der Reitgerte daran erinnert. Dafür platziert Frau Baker die leichten Schläge nun nicht mehr unter den Oberschenkeln, sondern auf meinem Hintern.