Montag, 1. März 2021
Mars03-Die Hündin (7)
Am nächsten Morgen holt Frau Ritter mich als Erste aus dem Zwinger und führt mich etwas von den anderen Doggies weg in die Halle hinein, an deren Ende einige Geräte aufgebaut sind, wie ich sie vom Dog-Agility-Platz kennen. Mit Draco bin ich früher öfter dorthin gegangen.
Aber Frau Ritter fordert meine Aufmerksamkeit.
Sie sagt: ?Rana!?
Ich schaue zu ihr hoch.
Sie erklärt mir:
?Bevor du eine neue Herrschaft bekommst, lernst du von mir den korrekten Laufstil, die nonverbale Kommunikation und ein paar Grundkommandos. Für alles Weitere sind wir nicht zuständig.
Ich sehe, du hast noch einige Probleme, den Laufstil über längere Zeit beizubehalten! Wir werden also als erstes Muskeltraining machen.?
Frau Ritter führt mich wieder in den Vorraum und legt mir ein Geschirr an. Daran befestigt sie an einer langen Leine ein Gewicht. Anschließend wirft sie eine Wurfscheibe durch die Tür in die Halle. Sie sagt dazu:
?HOL! Rana, hol die Scheibe!?
Ich laufe los und werde von der Scheibe gebremst. Stehenbleibend schaue ich mich nach Frau Ritter um.
?LOS!? sagt sie nun. ?Hol die Scheibe!?
Im nächsten Moment spüre ich einen leichten elektrischen Schlag am Hals. Also stemme ich mich gegen das Gewicht und ziehe es in die Halle hinein, auf das am Boden liegende Spielzeug zu. Anschließend bringe ich es ihr zwischen die Zähne geklemmt zurück und sie wirft es wieder. So geht das den ganzen Vormittag.
Als sie mir endlich das Gewicht aus dem Geschirr entfernt, ist es Mittag und ich bin schweißnass. Nun ruft sie mich auf eine kleine Vertiefung an der Hallenwand und duscht mich warm ab. Danach hüllt sie mich in ein flauschiges Badetuch und rubbelt mich trocken. Dann darf ich in den Zwinger zurück.
Anschließend bringt sie uns eine volle Schale Futter. Ich lasse zuerst die ältere Fähe heran, die für mich nun das Alphatier ist. Danach nehme ich abwechselnd mit der jüngeren Fähe Futter aus der Schale, um sie dann zwischen meinen Vorderpfoten zu halten und zu essen.
Nach einer kleinen Ruhepause holt mich Frau Ritter wieder aus dem Zwinger, um die Ausbildung fortzusetzen. Wir üben die Gestik und Mimik, die Hunde zeigen, um sich zu verständigen. Gleichzeitig erklärt sie mir die Bedeutung. Einiges davon habe ich schon im Zwinger bei den beiden anderen Fähen gesehen und habe es ihnen auch schon abgeschaut. Nach der Erklärung von Frau Ritter liege ich mit meinen Vermutungen, was die Bedeutung der Gesten angeht, zumeist richtig.
Am Abend folgt wieder ein Konditionstraining und dann darf ich zum Schlafen in den Zwinger zurück. An den darauffolgenden Tagen holt Frau Ritter die jüngere Fähe hinzu. Wir sollen uns gemeinsam mit Spielzeug beschäftigen und uns dabei nonverbal nach Hundeart verständigen. Jeden Vormittag steht Konditionstraining auf dem Programm und bald kann ich mich schon wie Draco bewegen, oder die Fähe, die Frau Ritter immer einmal dazu holt.

*

Am nächsten Tag nach einem verkürzten Konditionstraining holt Frau Ritter vormittags die jüngere Fähe ebenfalls aus dem Zwinger. Wir haben eine kurze Spielpause mit einem Ball gemacht. Nun kommt die jüngere Fähe hinzu und geht sofort mir gegenüber in die Spielverbeugung. Ich lächele und schiebe ihr gerne den Ball zu. Sie stoppt den Ball, legt die Pfote darauf und schaut scheinbar erwartungsvoll zu mir.
?Wer ein Spielzeug hat, dem gehört es im Moment!? kommentiert Frau Ritter ihr Verhalten. ?Sie wird den Ball nicht so einfach aufgeben, aber sie wird erlauben, dass du mit ihr damit spielst. Du musst zum Einen eine Beschwichtigungsgeste senden und zum Anderen ihr über die Spielaufforderung zeigen, was du möchtest. Also: schau sie nicht direkt an, dreh auch den Kopf weg und zeig ihr deine Körperseite ? in dieser Reihenfolge, wenn die erste Stufe noch nicht wirkt, nimm die nächsthöhere! Dabei geh von Anfang an in die Spielverbeugung!?
Also beuge ich meine Ellbogen, so dass ich vorne tiefer bin und vermeide es, meine Zwingergenossin direkt anzuschauen. Sie knurrt leise und bewegt sich mit dem Ball langsam rückwärts. Ich schaue nun demonstrativ an ihr vorbei und drehe mich von ihr weg. Dabei nähere ich mich vorsichtig seitwärts und schaue Frau Ritter dabei an. Die jüngere Fähe macht einen weiteren Schritt rückwärts.
Auf Frau Ritters Rat hin, wackele ich mit dem Hintern und nähere mich der Fähe langsam weiter. Jetzt bleibt sie an ihrem Platz. Auch knurrt sie nun nicht mehr. Ich schaue wieder zu Frau Ritter hoch. Sie nickt mir aufmunternd zu. Darum nähere ich mich der Fähe noch mehr, bis ich schließlich ganz nah an ihrem Kopf bin.
?Stupse den Ball mit Mund oder Nase nur leicht an! Nicht direkt danach schnappen!? rät mir die Trainerin nun.
Ich befolge ihren Rat und die Fähe überlässt mir tatsächlich den Ball!
?Stupse ihn jetzt einige Zentimeter weg und mache einen Schritt hinterher ? und so weiter. Wenn sie hinterherkommt und das Spiel nach diesen Regeln mitmacht, stupst ihr euch den Ball gegenseitig zu,? rät die Trainerin mir weiter.