Mittwoch, 24. März 2021
Mars06-Leben mit Pets (1)
Ich, Matt Willows, führe zusammen mit meiner Frau Tina ein Gestüt in einem Lavatunnel des Arsia Mons, nahe der Stadt Arsia. Wir sind beide ausgebildete Ponytrainer. Unsere Tochter Andrea hilft in ihrer Freizeit bei der Arbeit im Stall und schaut beim Training zu. Sie wird irgendwann das Gestüt übernehmen. Unsere beiden Stuten Bonnie und Beauty haben schon einige Preise geholt. Bonnie ist von den Beiden diejenige mit dem meisten Feuer.
Vor einem Marsumlauf haben wir noch einen jungen Hengst dazugestellt und bilden ihn für Rennen aus. Bei bisher vier Cups hat er drei Treppchen-Plätze geholt. Sunshine macht sich gut. So habe ich auch jetzt ein gutes Gefühl.
Das heutige Rennen findet im Hippodrom von Olympia statt. Wir sind zeitig aufgebrochen und haben die Strecke von Arsia nach Olympia mit der Rohrbahn zurückgelegt.
Nun stehen wir mit 23 anderen Hengsten am Start.

*

Unruhig verlagere ich, Sunshine, mein Gewicht vom rechten auf den linken Huf. Von den Rängen dringt das Geräusch von hunderten Menschen zu mir herab, die sich unterhalten. Dazwischen das Geschrei von Kindern und die schrillen Laute von Tröten und Rasseln. Und schließlich die eindringlich gesprochenen Worte des Mannes, der unmittelbar vor mir steht und meine Leine fest in der rechten Hand hält.
Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und richte dann meine Aufmerksamkeit auf Matt Willows, meinen Besitzer. Der Mann redet noch immer auf mich ein und sucht den Blickkontakt.
Ich versuche ihm zumindest für den Augenblick zuzuhören. Wieder sind es die gleichen Sätze, die er bereits seit Tagen gebetsmühlenartig aufsagt.
?...aus der Ruhe bringen. Die Strecke ist lang, also teil? dir deine Kräfte ein. Pass? auf, dass du dich nicht abdrängen lässt. Gerade in den Kurven musst du..."
Der Monolog meines Trainers wird jäh unterbrochen, als ein dreifaches Klingeln aus der Lautsprecheranlage schrillt, als würden Klangstäbe angestoßen.
?So, gleich jetzt geht es los!? sagt Matt.
Er löst die Leine vom Zaumzeug und meint, aufmunternd lächelnd:
?Du schaffst das. Mach mich stolz, mein Großer!?
Ich antworte ihm mit leisem Schnauben. Matt zieht sich an den Rand der Bahn zurück, zu den Besitzern der anderen Hengste, die heute starten.
Kaum hat er mich alleine gelassen, zwischen den anderen Startern, nimmt meine Aufregung sprunghaft zu. Mit stark pochendem Herz mache ich ein paar Hufschritte auf meine Startposition zu.
Neben mir steht ein nervös mit den Hufen scharrender Konkurrent. Leise ausatmend kämpfe ich gegen meine Aufregung an. Wie lange dauert es noch, bis das Startsignal kommt? Für mich ist es das erste Mal, dass ich beim Rennen in der Hauptstadt starten darf. Schon allein die Größe des Hippodroms ist überwältigend.
?Sehr verehrte Damen und Herren!? schallt es plötzlich aus den Lautsprechern. ?Herzlich willkommen beim diesjährigen Sommer-Cup von Olympia!?
Beifall brandet auf.
?In wenigen Augenblicken ist es so weit! Wie in jedem Jahr begrüßen wir auch dieses Mal wieder die vierundzwanzig besten Hengste aus den Vorwettbewerben!?
Wieder macht der Sprecher eine kurze Pause für den unmittelbar einsetzenden Applaus. Ich spüre, wie sich mein Herzschlag beschleunigt.
?Der Stadionsprecher trägt dick auf,? denke ich. ?Soo gut bin ich nicht gewesen? Aber jetzt muss es jeden Moment losgehen!?
?Nur einer von ihnen wird heute als Sieger in die Geschichtsbücher der Stadt eingehen!? tönen die Lautsprecher. ?In wenigen Minuten werden wir erleben, welcher der Hengste sich dieses Mal durchsetzt! Wir wünschen allen Zuschauern viel Spaß beim Zuschauen!?
Noch einmal jubelt die Menge. Ich nehme den Lärm der Zuschauer aber nur noch beiläufig wahr. Ich konzentriere mich auf die Leuchtanzeige über der Startlinie.
Ein helles, lautes Pfeifen ertönt im Stadion. Das rote Warnsignal der Startlampe wechselt in ein grelles Grün.
Im selben Augenblick setzen sich alle vierundzwanzig Hengste in Bewegung. Achtundvierzig Hufe wirbeln über die Sandbahn, doch das Donnern der Hufe geht im stürmischen Jubel der Zuschauer unter.
Ich erwische einen guten Start. Genau im richtigen Moment lehne ich den Oberkörper leicht nach vorn und löse mich mit schnellen, kurzen Schritten von meiner Startposition, während der Hengst unmittelbar vor mir weniger gut wegkommt. Ich nutze die Gelegenheit und springe in die sich dadurch öffnende Lücke.
?In einem engen unüberschaubaren Pulk rennen die Hengste über die kurze Gerade und biegen in die erste Kurve der Bahn ein. Hier zieht sich der Pulk auseinander. Die vorderen Hengste legen ein strammes Tempo vor, so dass sie sich ein paar Schritte weit absetzen können. Das wiederum bietet ihren direkten Verfolgern ein wenig Raum, woraufhin auch sie das Tempo etwas anziehen können,? kommentiert der Stadionsprecher.
Ich erinnere mich an Matts Rat, mir meine Kräfte gut einzuteilen. Das Rennen ist lang. Viele Ponys lassen sich von der Euphorie mitreißen und sprinten unbedacht los, nur um später bis nach ganz hinten durchgereicht zu werden. Gleichzeitig gilt es aber auch, nicht den Anschluss zu verlieren. Wer einmal abgehängt worden ist, holt nur selten wieder auf.
So passe ich mein Tempo erst einmal der Masse meiner Konkurrenten an. Im gemeinsamen Tempo des Feldes renne ich die Gerade entlang, als ich aus der Kurve herauskomme.
Kaum, dass ich die Kurve hinter mir gelassen habe, wäre ich um ein Haar gegen den vor mir laufenden Hengst geprallt, der stark abbremsen muss, als ein anderer Hengst den vor ihm laufenden durch einen gut getimten Rempler abdrängt.
Aufstöhnend mache ich einen Satz zur Seite und verliere dabei etwas von meinem Schwung. Das nutzt ein unbeteiligter Hengst, um außen an mir vorbei zu ziehen.
Dicht hinter dem überholenden Hengst galoppiere ich über die Bahn und lauere auf eine gute Gelegenheit. Dabei ahne ich, dass es einem Hengst hinter ihr sicher genauso geht. Ich muss aufpassen, dass ich mir keine Blöße gebe!
Meine Chance kommt, als sich die nächste Linkskurve vor uns auftut. Ich mache zwei kleine kraftvolle Schritte, um schnell wieder auf Tempo zu kommen. Dabei spüre ich, dass ich schneller bin als das andere Pony und ziehe neben ihn. Leicht irritiert bemerke ich eine Bewegung im Augenwinkel. Auch mein eigener Verfolger versucht, die Gelegenheit zu nutzen!