Sonntag, 21. März 2021
Mars05-Die Hochzeit (6)
?Du solltest vielleicht deine Ansprüche etwas anpassen, Liebes!? meint Madikwe.
Kurz darauf verlassen sie die Tanzfläche und nähern sich wieder dem Cocktailtisch. Schnell verschwindet eine gerade höflich abgewiesene junge Dame. Tim erhebt sich und schiebt die beiden Clubsessel etwas vom Tisch ab. Er hebt erst den Einen für Krotoa in die richtige Position, damit sie sich darauf niederlassen kann. Dann lässt er gentlemanlike auch Madikwe sich setzen, bevor er selbst wieder Platz nimmt.
Als sich Tim, Madikwe und Krotoa wieder gegenübersitzen, hebt Tim ein Faltblatt an. Es ist die Getränkekarte mit der Angabe einiger leichter Speisen und dem Angebot dieses Clubs.
?Dieser Club hat im Keller auch eine Bogenschützenanlage. Beim letzten Mal sind wir ja dabei gestört worden. Habt ihr Interesse?? fragt er.
Madikwe mag nicht so recht. Ihr steckt bestimmt das Erlebnis in dem anderen Club noch in den Knochen. Das sieht man ihr an. Aber Krotoa ist sofort Feuer und Flamme. Also stehen sie wieder vom Tisch auf und gehen die Treppe hinab ins Untergeschoß. Madikwe würde Krotoa niemals das Feld überlassen. Tim folgt ihnen.

*

Madikwe hat Tim vorgeschlagen, das Bogenschießen in einem Sportverein auszuüben. Tim ist gerne darauf eingegangen. Auch hat sie ihm noch weitere Ausstellungen in Olympia gezeigt.
Jetzt, ein Viertel Marsjahr später, ist sie sich sicher, dass Tim der richtige Mann an ihrer Seite ist. Sie hat ihn als einen Mann kennengelernt, der sie verehrt und mit ihr respektvoll umgeht, der aber auch hin und wieder das Heft in die Hand nimmt und die Führung übernimmt. Man kann sich ihm wirklich vertrauensvoll unterordnen.
Nun, denkt sie, ist es an der Zeit, Tim ihren Eltern vorzustellen. Sie arrangiert einen Termin, an dem alle Beteiligten Zeit haben. Dann nehmen sie eine Rikscha zu dem Wohnblock, in dem ihre Eltern wohnen. Dort führt sie Tim zu der Wohnungstür, hinter der sie ihre Kindheit verbringen durfte und schlägt die Klangstäbe neben der Tür an.
In ihrer Begleitung befindet sich ALBA, Tims Pet. Hinter der Tür hört man schnelle Schritte näherkommen. Danach klopft jemand von innen an das Türblatt. Ein kurzes ?Bow Wow!? ist zu hören. Anschließend sagt eine männliche Stimme ?PLATZ, VENI!? und ihr Vater öffnet ihnen die Tür.
Beim Eintreten umarmt er Madikwe herzlich und begrüßt Tim höflich. Er bittet beide an den Essplatz im Living-Room, der schon eingedeckt ist. Madikwes Mutter, Frau Inkosi, bringt eine dampfende Schüssel aus der Küche, als sie gerade sitzen. Die beiden Hündinnen ALBA und MABVENI beschnüffeln sich auf der Freifläche zwischen Essplatz und Polstergruppe.
Tim steht bei ihrem Hinzutreten noch einmal auf, lässt Frau Inkosi sich von ihrer Last befreien und begrüßt sie mit einer leichten Verbeugung, die Madikwes Mutter lächeln lässt. Auch sie begrüßt ihn und bittet ihn, sich doch wieder zu setzen, das Essen sei gleich soweit.
Wenig später hebt Herr Inkosi beim Essen zum Sprechen an:
?Ich hörte, dass Sie meine Tochter gerne heiraten möchten, Herr Armstrong??
Dieser merkt auf und lächelt Herrn Inkosi an.
?Ja, ich werde Madikwe heiraten, wenn Sie nichts dagegen haben,? erklärt Tim. ?Wir haben uns kennengelernt und ineinander verliebt. Ich hoffe nicht, dass meine Herkunft ein Hinderungsgrund darstellt.?
?Nein, nein, Herr Armstrong! So dürfen Sie das nicht sehen! Die Herkunft ist mir egal. Wichtig ist, dass Madikwe mit Ihnen glücklich wird.?
?Wir haben uns lange geprüft!? wirft Madikwe ein. ?In unserer Freizeit haben wir viel gemeinsam unternommen und ich konnte erleben, wie respektvoll Tim ist, dass er mich liebevoll behandelt und andere Interessentinnen höflich abblitzen lässt. Er hat einen guten Charakter, und kann auch die Richtung vorgeben.?
?So?? sagt Herr Inkosi und fügt nach einigen Bissen hinzu: ?Dann will ich dem jungen Paar nicht im Wege stehen. Eins noch, Herr Armstrong: Sie werden sich bis zur Hochzeit ? sagen wir, in einem Monat, Madikwe nicht mehr nähern! Gehen Sie in dieser Zeit in sich! Prüfen Sie ihre Gefühle und wenn diese noch genauso sind wie jetzt, kommen Sie hierher zurück. Auf dem Dach des Wohnblocks wollen wir dann Hochzeit feiern!?
Tim kaut und schluckt den Bissen hinunter. Dann nickt er und sagt:
?Mit dem Procedere bin ich einverstanden. Ich bin in einem Monat wieder hier, um Madikwe heimzuführen!?
In den nächsten Stunden gibt es viel zu erzählen. Herr Inkosi nennt Tim beim Abschied schließlich beim Vornamen.

*

In den Wochen bis zur Hochzeit schaue ich mich nach einer größeren Wohnung um. Sie sollte etwa die Größe von Madikwes elterlicher Wohnung haben, statt meines bisherigen Appartements. Auf Zukunft angelegt, sollte sie drei Schlafzimmer haben, einen Living-Room, in dem sich das tägliche Leben abspielt, sowie je eine separate Küche und Bad.
Ich schaue mir verschiedene Angebote an und entscheide mich schließlich für ein Angebot mit einem ?Badetempel?. Das wird Madikwe bestimmt gefallen. Das Wasser in der ganzen Wohnung wird gesammelt, aufbereitet und dem Kreislauf wieder zugeführt, denn auf dem Mars ist Wasser naturgemäß knapp und dementsprechend teuer. Kurz vor dem Hochzeitstermin ziehe ich um.
Davor noch habe ich ein Gespräch mit Herrn und Frau Berlin, meinen Mentoren was das Leben auf dem Mars betrifft. Sie sind hoch erfreut, als sie hören, dass ich mich im Status des ?Brautgemachs? befinde und erklären mir alles Weitere: Auf dem Mars gibt es die verschiedensten Ethnien. Die christliche Ethnie ist die Größte. Daher hat man bei der Kalenderreform damals Christi Geburt als zentrales Element beibehalten. Im Gegensatz zur Erde, wo man mittels Mission die anderen Ethnien in der Vergangenheit bekämpft hat, sind sie auf dem Mars gleichberechtigt.
So gibt es keine standesamtliche Hochzeit. Das Registrierungsbüro im Innenministerium muss von einem Notar über eine Hochzeit informiert werden. Dieser muss der Hochzeit beiwohnen und erkennen, dass hier zwei Menschen willentlich eine dauerhafte Verbindung eingehen.