Sonntag, 14. März 2021
Mars04-Das Gestüt (8)
Nun biege ich auf die Längsseite ein und trabe auf die gegenüberliegende Eckmarkierung zu. Je weiter ich trabe, desto ruhiger werde ich innerlich. Als ich das Ende der Längsseite erreiche, kommt meine erste Schwierigkeit, die Traversale.
Ich laufe einen engen Bogen, so dass ich wieder in Richtung des Einganges schaue. Wie oft geübt setze ich zuerst das linke Bein gerade nach vorne, ehe ich das andere Bein nachziehe und vor meinem linken Huf kreuze. Diesen lasse ich nun in einem leichten Bogen nach außen schwingen, als ich ihn wieder nach vorn setze. Sofort als ein Huf den Boden berührt, schwebt der andere bereits wieder durch die Luft, so dass ich mit geschmeidigen Bewegungen schräg nach vorne laufe.
Ich treffe die gewünschte Markierung in der Mitte der gegenüberliegenden Längsseite und ändere nun die Reihenfolge meiner Schritte. Jetzt ziehe ich das rechte Bein nach außen und setze das linke immer wieder davor.
Die zweite Markierung verfehle ich nur um eine Hufbreite, drehe mich etwas um die eigene Achse und trabe die schmale Seite des Dressurfeldes entlang. Dabei drehe ich Kopf und Oberkörper um etwa 45 Grad in Richtung der Platzmitte. Konzentriert achte ich darauf, trotzdem weiter geradeaus zu laufen und nicht nach innen zu ziehen. Da ich nicht in die Richtung schauen darf, in die ich trabe, ist es nicht gerade leicht, keinen Fehler zu machen.
Am Ende der Schmalseite drehe ich auf die Längsseite ein, verlangsame die Bewegungen und verfalle in den Schritt. Endlich habe ich Zeit kurz durchzuatmen. Mein Körper ist schweißüberströmt, aber ich habe die beiden schwierigen Aufgaben gut hinbekommen.
Als ich die Mitte der Längsseite erreiche, stelle ich kurz beide Hufe nebeneinander, ehe ich abwechselnd die Oberschenkel anhebe und mich so mit jedem Schritt ein Stück weit um die eigene Achse drehe. Im Schritttempo empfinde ich die Pirouette nicht als besonders schwer.
Den Rest der langen Geraden lege ich auch im Schritttempo zurück und biege auf die Stirnseite ein. Mit jedem weiteren Schritt steigt mein Selbstbewusstsein. Wenn ich mich weiter so gut konzentriere...
Dann habe ich die Hälfte der kurzen Seite zurückgelegt und beginne hier zu traben. Dabei folge ich aber nicht weiter der äußeren Begrenzung des Dressurfeldes, sondern laufe einen Bogen in Richtung der Feldmitte. Ich versuche mich nun an der Volte. Das bedeutet, dass ich einen möglichst perfekten Kreis laufen muss. Ohne Hilfslinien ist das jedoch gar nicht so einfach. Ich bemerke, dass ich ein Stück zu weit nach außen gekommen bin und korrigiere, indem ich mich etwas mehr zur Seite drehe.
Mein Kreis ist daher zwar nicht ganz rund gewesen, aber immerhin erreiche ich die Markierung, auf der ich die Übung begonnen habe. Weiter trabend, lege ich auch das letzte Stück der Stirnseite zurück, ehe eine erneute Wendung folgt. Dieses Mal gelingt mir die Figur besser, als die vorherige. Anschließend trabe ich noch einmal die Stirnseite entlang und drehe meinen Oberkörper dabei erneut in Richtung der Feldmitte.
Wieder muss ich die Linie halten, ohne dabei nach vorne sehen zu dürfen. Vom Ende der Stirnseite schwenke ich wieder auf die Längsseite ein. Den ersten Teil lege ich wieder im Schritt zurück. Der häufige Wechsel zwischen den Gangarten ist eine der Herausforderungen dieses Wettkampfes. Nur noch ein Stückchen, noch ein paar Minuten, dann habe ich es geschafft!
In der Mitte der Längsseite folgt eine weitere Schrittpirouette. Als ich mich danach wieder in Bewegung setze, ziehe ich rasch das Tempo an. Mit kraftvollen Schritten beginne ich zu galoppieren. Innerhalb kurzer Zeit lasse ich zuerst die lange Gerade und anschließend die Stirnseite hinter mir.
Nachdem ich einmal halb um den Platz galoppiert bin, folgt eine der schwersten Übungen. Nun muss ich erneut eine Pirouette drehen, jedoch mit deutlich schnelleren Schritten als zuvor.
In schneller Folge ziehe ich meine Hufe nach oben. So dauert es nicht lange, bis ich mich einmal um mich selbst gedreht habe und meinen Weg fortsetzen kann. Kraftvoll galoppiere ich weiter. Langsam machen sich die anstrengenden Übungen auch in meinen Beinen bemerkbar.
Ich biege auf die kurze Gerade ein und bemerke, dass sich zu meinem Schweiß nun auch noch Spucke mischt, die mir vom Kinn herunter auf die Brust tropft. Mit federnden Schritten galoppiere ich über den sandigen Boden und lausche den dumpfen Schlägen meiner Hufe, die das leise Gemurmel der Zuschauer übertönen. Noch drei Schritte... noch zwei... einer noch..., dann biege ich auf die Längsseite ein. Jetzt habe ich es fast geschafft! Noch diese eine Gerade, anschließend zurück in die Mitte des Feldes und ich bin fertig!
Verbissen starre ich auf den Markierungspunkt, der sich in der Mitte der Seite befindet. Als sie ihn erreiche, wartet eine letzte Kraftprobe auf mich. Noch einmal muss ich eine Pirouette drehen, erneut bei höchstem Tempo.
Schnaufend ziehe ich meine Hufe abwechselnd nach oben und ignoriere das unangenehme Ziehen in meinen Oberschenkeln. Ich spüre, dass meine Hufe nicht mehr bei jedem Schritt die Markierung treffen, kann aber nichts daran ändern. Meine Kraft reicht gerade noch aus, um das Tempo zu halten, so dass ich diese kleinen Fehler in Kauf nehmen muss.
Endlich habe ich mich vollständig gedreht. Nach Luft japsend trabe ich weiter, froh darüber, zumindest nicht mehr galoppieren zu müssen. Aber auch das Traben ist nun anstrengend. Jede einzelne Bewegung kostet Kraft.
Mein Brustkorb hebt und senkt sich rasch. Mein Ziel habe ich bereits vor Augen. Endlich kann ich die Längsseite hinter mir lassen und zum letzten Mal auf die Stirnseite einbiegen. Speichel tropft in kurzen Abständen von meinem Kinn und der Schweiß läuft mir in die Augen, aber davon lasse ich mich jetzt nicht mehr aufhalten.