Donnerstag, 11. März 2021
Mars04-Das Gestüt (5)
Anschließend meint er:
?So, das wäre geschafft. Dann wollen wir mal anfangen.?
Matt hält die beiden Lederbänder in der Hand und machte zwei Schritte zurück, während er den Hengst beobachtet. Die Zügel spannen sich und ziehen an Sunshines Zaumzeug. Zögernd macht der Hengst einen Schritt nach vorn. Er bemerkt, dass sich auch der Sulkie mit leise knirschenden Rädern bewegt. Das Fahrzeug ist zwar leicht, aber seine Bewegung irritiert den jungen Hengst.
Matt zieht immer noch weiter und so ist Sunshine gezwungen, einen weiteren Schritt zu machen. Sein Besitzer führt ihn im großen Kreis über den Hof.
?Gut machst du das!? lobt Matt ihn, doch Sunshine wirft ihm einen zornigen Blick zu. Er weiß noch immer nicht, was ihm diese Übung nutzen soll und ist daher ziemlich gereizt.
Nachdem sie drei große Runden auf dem Hof absolviert haben, befiehlt Matt ihm, stehen zu bleiben. Sunshine versucht zu bremsen, doch das ist gar nicht so leicht. Der Sulkie schiebt von hinten, so dass er zwei zusätzliche Schritte braucht, bis er zum Stillstand kommt.
?Sehr schön,? kommentiert Matt, dem das Ganze offenbar Spaß macht. Jedenfalls lächelt er zufrieden. Er nähert sich dem Hengst und führt eine der Leinen um seinen Kopf herum. Danach geht er weiter und verschwindet aus seinem Sichtfeld.
?Okay, es gibt drei Befehle, die du dir einprägen musst,? hört er Matt laut hinter sich. Auch wenn er es nicht sehen kann, an der Belastung der Deichseln in seinem Geschirr spürt er, dass sein Besitzer sich auf den Sulkie gesetzt hat.
?Wenn ich an beiden Zügeln ziehe, sollst du langsamer werden und bremsen. Je stärker ich ziehe, desto langsamer wirst du!? erklärt Matt weiter.
Kurz darauf spürt Sunshine, wie Matt am rechten Zügel zieht und sagt:
?Bei diesem Kommando läufst du nach rechts. Wenn ich auf der anderen Seite ziehe, dann natürlich nach links!?
?Der letzte Befehl ist der einfachste. Wenn ich deine Zügel locker hängenlasse, läufst du. Und wenn du noch schneller laufen sollst, werde ich sie ein wenig schütteln.?
Nach einer kurzen Gedankenpause sagt Matt energisch: ?Also los!? und lässt die Zügel leicht schwingen.
Sunshine setzt sich in Bewegung. Langsam setzt er ein Bein vor das andere und zieht so den Sulkie hinter sich her. Mit Matt auf dem Sulkie kann er jetzt deutlich spüren, dass er das Sulkie mit der Hüfte und dem Rücken zieht. Die beiden Ringe auf seinem Rücken sitzen ungefähr auf Höhe seiner Schulterblätter. Zwei Lederbänder verbinden ihn von dort mit den beiden Deichselstangen, die an seiner Hüfte befestigt sind.
?Na los, nicht so langsam!? ruft Matt und lässt die Zügel erneut schwingen.
Sunshine beschleunigt etwas. Das Knarren des Sulkie auf dem Untergrund wird stärker. Er spürt Zug auf dem linken Zügel und läuft eine sanfte Linkskurve. Als der Zug nachlässt, geht es geradeaus weiter. Mit zügigen Schritten läuft Sunshine vorwärts und bemerkt dabei, dass er vom Hof dirigiert wird.
Sie erreichen eine Straße, die ein längeres Stück geradeaus führt. Hier ist es etwas einfacher, den Sulkie zu ziehen.
?Sunshine, trab!? hört er Matt von hinten und erhöht etwas das Tempo.
Eine Zeitlang läuft Sunshine mit gleichmäßigem, relativ hohem Tempo und gewöhnt sich langsam an das neue Gefühl.
Matt zieht beide Zügel gleichzeitig etwas an. Sunshines Kopf wird nach unten gezogen und verkürzt vorsichtig seine Schrittlänge. Das Gewicht des Sulkie schiebt ein wenig von hinten. Als er nur noch im Schritttempo geht, lockern sich die Zügel wieder etwas. Also behält er Schritt bei. Anschließend lenkt Matt ihn in eine enge Kurve, indem er am rechten Zügel energisch zieht.
Sunshine geht einen Halbkreis und kann nun in die Richtung schauen, aus der sie gekommen sind. Sein Besitzer schwingt die Zügel wieder und gibt ihm das Kommando, wieder schneller zu laufen. Er beschleunigt wieder, bis er ein angenehmes und zügiges Tempo erreicht hat. So trabt er mit klackernden Hufen die Straße entlang.
Matt lässt ihn am Hof vorbeilaufen und noch einmal drehen. Zurück beim Hof lenkt er ihn auf den Innenhof des Gestüts und lässt ihn halten. Er kommentiert lächelnd, während er ihn abschirrt:
?Na schau, so schlimm war es doch gar nicht!?
Kurz danach führt er Sunshine an der Führleine zurück zum Stall. Dort zieht er ihm das Geschirr aus und hängt es an einen Haken. Anschließend führt Matt ihn auf die Koppel, auf der auch die anderen Ponys stehen. Sie kommen mit neugierigen Blicken herangelaufen und begrüßen Matt.
Der Mann öffnet das Tor im Gatter und löst die Führleine von Sunshines Zaumzeug. Er schnaubt leise und entfernt sich vom Gatter. Bevor Matt ihm noch etwas sagen kann, trabt er noch etwas weiter auf die Koppel, um damit außerhalb seiner Reichweite zu gelangen.

*

Sunshine ist nun schon fast ein halbes Jahr auf dem Hof der Familie Willows, als er am Morgen durch Musik geweckt wird. Verwirrt zwinkert er. Er sieht Matt Willows, seinen Besitzer, dessen Frau Tina und die Tochter Andrea an seiner Box vorbeigehen. Sie haben einen kleinen portablen CD-Player dabei und einige andere Sachen.
Neugierig schwingt er sich aus dem Stroh und geht zum Wassertrog. Dort tunkt er sein Gesicht hinein und schüttelt sich, um das Wasser wieder teilweise loszuwerden. Die drei Menschen stoppen an Bonnies Box. Andrea hängt eine Buchstabengirlande an das Boxentor. Matt hat die Musik kurz abgeschaltet, hantiert an den Knöpfen des Gerätes und lässt nun ?Happy Birthday? aus dem Gerät erschallen.