Cherie - 39
„Musst du unbedingt den großen Scheinwerfer anknipsen?“ fragt sie scherzhaft.
Dann steht auch sie auf. Wir gehen ins Bad auf dieser Etage. Von unten strömt uns der Duft frischen Kaffees entgegen.
Schließlich sind wir fertig und gehen die Treppe hinab ins Wohnzimmer. Unten sitzen die drei Männer schon am Esstisch. Zwei freie Gedecke zeigen uns, wo wir uns setzen dürfen.
„Hallo, guten Morgen,“ begrüßt uns Dieter. „Habt ihr gut geschlafen?“
„Ja, danke, sehr gut,“ antworte ich lächelnd.
Wir treten an den Tisch. Ich will gerade nach Biggi und Lena fragen, da sehe ich beide auf allen Vieren neben ihren ‚Haltern‘ von Tellern essen, die auf dem Boden stehen. Tapsy, ihr Mops, beschäftigt sich zwei Meter entfernt mit seinem Futternapf.
Biggi und Lena haben beide Leggings und einen BH an. Dazu Ballerinas, Knieschoner, Fausthandschuhe und ein Halsband. Räuspernd setze ich mich. Dieter wünscht uns einen guten Appetit und sagt, dass wir gerne zulangen sollen. Wegen der seltsamen Atmosphäre kann ich allerdings nicht viel essen. Natürlich, Dieter hat gestern Nachmittag gesagt, dass er uns heute reales Petplay zeigen möchte und wir haben neugierig eingewilligt, aber gewöhnungsbedürftig ist das Ganze doch.
„Ihr seid Mitglieder der Petplay-Community,“ versucht Dieter die Stille zu durchbrechen. „Ihr habt euch, wie ihr sagt, bisher hauptsächlich dort im Storyblog aufgehalten und die Geschichten auf euch einwirken lassen. Manches Mal ist euch ein Schauer den Rücken herunter gelaufen beim Lesen, und durch meine Geschichten ist dir aufgegangen, dass Petplay nicht unbedingt etwas mit BDSM zu tun haben muss, hast du gesagt, Anita.
Die Neugier darauf Petplay live zu erleben, hat dich gestern hier übernachten lassen…“
„Das stimmt alles,“ meine ich. „Aber es ist doch etwas anderes, darüber zu lesen und es live zu erleben.“
„Gestern hast du an einem Petplay-Event teilgenommen…“
„Das ist richtig. Ich weiß auch nicht, was los ist. Gestern, das war so anders…“
„Die Teilnehmer kamen überwiegend aus der BDSM-Szene. Du sahst deine Ansicht über das Petplay bestätigt. Diese Bestätigung gab dir eine gewisse Sicherheit. Das Neue heute Morgen macht dich unsicher?“
„Ja, so könnte man sagen,“ antworte ich, erleichtert, dass Dieter mich anscheinend versteht.
„Keine Angst, Anita. Niemand verlangt von dir, dass du auf alle Viere gehst! Zwang gibt es bei uns nicht! Erlebe den Tag, bis ihr beide fahren müsst, aus der Perspektive eines unbeteiligten Zuschauers. Fragen, die in deinen Gedanken aufsteigen – stell‘ sie sofort und wenn sie dir noch so absurd erscheinen. Ich bin für alles offen! Auch kannst du später gern die Telefonnummer von Lena oder Biggi haben, um dich mit ihnen auszutauschen, wann immer du das Bedürfnis hast.“
„Okay, gerne,“ erleichtert schaue ich zu den beiden Doggies hinunter, deren Blick zu kreuzen ich bisher vermieden habe.
Beide haben ihre Teller leer. Lena schaut lächelnd zu mir auf und nickt mir freundlich zu.
„So, wir wollen uns für einen Waldspaziergang fertig machen,“ bemerkt Dieter nun.
Paul und auch Dieter beugen sich zu ihren Doggies hinunter und reinigen ihnen den Mund. Die Mops-Dame kommt heran und springt fiepsend an Pauls Arm hoch. Er streichelt sie mit der freien Hand bis er aufsteht. Da lässt sie von ihm ab.
Sie läuft zu ihrem Kissen und bringt einen Kunststoffknochen, den sie vor sich fallen lässt. Dann streckt sie ihren Hintern in die Luft und stupst das Spielzeug mit ihrer Schnauze an. Lena wendet sich ihr zu, beugt ihre Ellbogen so, dass auch ihr Hintern hoch zeigt, und stupst den Knochen mit einer Faust seitlich vielleicht dreißig Zentimeter weg. Taps springt hinzu und stupst den Knochen mit ihrer Schnauze noch etwas weiter weg. Lena macht einen Schritt auf Fäusten und Knieschonern hinterher und stößt den Knochen ein kleines Stück in Biggis Richtung.
Biggi kommt hinzu, geht nun ebenfalls durch Beugen ihrer Ellbogen mit dem Kopf tiefer und stößt den Knochen in die andere Richtung.
Die Männer haben in der Zwischenzeit den Tisch abgeräumt und Dieter sagt nun:
„AIKA, CHERIE, ZU MIR!“
Beide Doggies stoppen das Spiel und laufen zu Dieter. Er leint sie an, während Paul sich Taps schnappt und ebenfalls anleint. Dann hält er uns die Leinen hin.
„Wenn ihr mögt, führt ihr die Doggies und den Hund. Wir wollen uns eben schnell Gummistiefel anziehen und zwei längere Bohlen mitnehmen. Wir hatten schon länger vor, eine provisorische Brücke über die Kyll zu legen. Dies wäre dann der Anfang.“
Ich nehme die Leine mit Lena am anderen Ende etwas zögernd entgegen. Lisa nimmt Biggi grinsend und Klaus darf sich mit Taps zufrieden geben. Paul und Dieter ziehen Gummistiefel an. Dann gehen wir nach draußen.
Vor dem Haus meint Dieter:
„Wartet mal kurz.“
Dieter und Paul gehen um die Hausecke und haben wenig später eine etwa fünf Meter lange faustdicke Bohle über der Schulter liegen. Sie gehen auf die Nadelholzschonung hinter den Häusern zu und Dieter fordert uns auf, ihnen zu folgen.
„Die Häuser werden von Zeit zu Zeit an Feriengäste vermietet und die Fichten hier werden in der Weihnachtszeit als Weihnachtsbäume verkauft,“ erklärt er uns.
„Damit unterhaltet ihr die Häuser?“ frage ich ihn.
„Ja, aber nicht nur die Häuser. Der Gewinn ist unser Lebensunterhalt. Wir sind selbständig,“ antwortet Dieter mir.
„Oh,“ entfährt es mir.
Nach ein paar Minuten betreten wir den Wald auf einem sandigen Weg.
„Ich denke, wir könnten die Doggies hier von der Leine lassen. Was denkst du, Dieter?“ sagt Paul.