IWIPAPA - Stamm der Mutter Erde - 47
Ich, Karl Emmerich, bin aus der Südsee zurück in Deutschland, um ein Buch über meine Erlebnisse bei den IWIPAPA -Stamm der Mutter Erde- zu veröffentlichen. Mit diesem Geld möchte ich einen großen zweimastigen Katamaran bauen lassen und mit ihm in die Südsee zurückkehren. Dort möchte ich dem Stamm dieses Fahrzeug mit modernem Equipment zum Geschenk machen.
Ich schreibe erst einmal ein Grundgerüst, das ich dann mit Anekdoten und Erzählungen füllen möchte. Solch eine ‚Vorabgeschichte‘ veröffentliche ich auf mehreren Petplay-Seiten im Internet. Zum Teil wird sie als ‚unrealistisch‘ verrissen.
Doch da meldet sich eine Petplayerin und möchte mehr darüber wissen. Ich gehe gerne darauf ein und texte mit ihr über einen Messenger. Dabei frage ich sie auch über ihren persönlichen Hintergrund. Sie sagt, sie komme aus dem Bereich BDSM und sei die Sub ihres Herrn. Dieser zwingt sie hin und wieder auf alle Viere und lässt sie aus einem Napf (fr)essen. Das würde sie beide erregen.
Dass es so etwas gibt, ganz ohne Zwang, das fasziniert sie und sie möchte mehr darüber erfahren. Ich nenne ihr andere Petplayer-Seiten im Internet, wo sie in den Foren viel vom zwangslosen Spiel lesen kann.
Sie fragt nun aber, ob ich nicht ihr Herr sein wollte, und ihr das live beibringen könnte. Dazu müssten wir uns allerdings mithilfe längerer Zugfahrten treffen, gebe ich zu Bedenken. Auch das sei für sie kein Problem, meint sie.
Also verabreden wir uns für ein erstes Vorgespräch in ihrem Heimatort in einem Bahnhofscafé. Auf solch ein erstes Gespräch vor Beginn der Sessions habe ich bestanden. Ich möchte mir ein Bild von ihr machen und ich denke, dass ihr das genauso gut tun würde.
Ich habe ihr geschrieben, wann mein Zug eintrifft und wir haben Portraitfotos von uns getauscht, damit wir uns zwischen den vielen Reisenden im Bahnhof ihrer Heimatstadt erkennen. Den Waggon verlassend, schaue ich mich suchend um. Kurz darauf habe ich sie in der Nähe der Treppe entdeckt, über die man auf diesen Bahnsteig kommt. Nun bahne ich mir meinen Weg zwischen den Reisenden zu ihr. Bald hat auch sie mich entdeckt und winkt mir lächelnd zu.
„Hallo,“ sage ich. „Du hast eine wunderbare Figur!“
„Du Schmeichler!“ gibt sie zurück.
Wir gehen die Treppe hinunter zu dem Durchgang, der die Bahnsteige miteinander verbindet. Hier liegt ein kleiner Laden neben dem Anderen, in dem sich die Reisenden mit allem eindecken können, was man für eine Zugfahrt braucht, sei es nun Lesestoff oder Schmuck oder Parfum für Geschenke. Dazwischen liegen kleine Cafés und Selbstbedienungsläden.
Viktoria führt mich in ein Café und wir setzen uns an einen Tisch in einer Ecke. Kurz darauf bestellen wir beide je einen Cappuccino. Als wir dann alleine sind, frage ich sie:
„Du bist in einer BDSM-Spielbeziehung, hast du geschrieben. Möglicherweise haben wir beide daher unterschiedliche Auffassungen von Dominanz. Ich muss vorausschicken, dass ich kein Sadist bin. Einer Masochistin als natürlichem Gegenpol würde daher mit der Zeit etwas fehlen…“
„Ich weiß,“ meint sie. „Das hast du mir ja schon über den Messenger geschrieben. Ich möchte mit dir ja nur einzelne Sessions machen, in denen ich erfahre, wie sich so eine Doggie aus der Südsee wohl fühlt in der Interaktion mit ihrem Owner.“
Ich nicke und meine:
„Ich wollte es nur noch einmal gesagt haben. Etwas lesen und etwas von seinem Gegenüber gesagt bekommen, sind doch zwei Paar Schuhe. Aber gehen wir einmal auf das Petplay ein: Magst du mir die Frage beantworten, wer für dich ein Aphatier ist?“
„Hm, das ist eher so eine Gefühlssache,“ antwortet sie. „Ich tue natürlich, was mein Chef mir sagt. Innerlich denke ich mir manchmal ‚Was für ein Arsch!‘ So etwas würde mir bei echter Dominanz nicht passieren…“
„Ah,“ mache ich. „Wie äußert sich, deiner Meinung nach, denn echte Dominanz?“
„Da ist einmal der Blick und der Tonfall, der beinahe jedes Aufbegehren im Keim erstickt. Im täglichen Miteinander stellt die Dominanz allerdings nicht das ICH in den Mittelpunkt, sondern das DU. Sie nimmt also das ihr Anvertraute, um es wachsen zu lassen.“
Ich lächele und ergänze sie ehrlich:
„Okay. Also, meine Dominanz ist nun weder ein Deckmantel für Egoismus, noch für Arroganz oder Machismo. Sie ist nicht Ausdruck vermeintlicher Stärke, sondern von Vertrauenswürdigkeit. Sie ist leise, braucht nicht viele Worte. Sie ist respektvoll, interessiert, konsequent, fürsorglich und liebevoll. Sie ist auch nachgiebig, wenn es zur Situation passt und unnachgiebig wo es sein muss.“
Einen Moment kommt keine Antwort mehr herein, dann meint sie:
„Gibt es so einen Mann überhaupt?“
„Aber sicher!“ versichere ich ihr lächelnd. „Er sitzt hier vor dir. Du kennst bisher die fordernde Dominanz, die die eigene Bedürfnisbefriedigung einfordert und dich kleinmacht?“
„Ja, so könnte man meinen Herrn Andrej verkürzt beschreiben.“
„Und es erregt dich, lässt es zwischen deinen Beinen kribbeln, wenn er dich demütigt?“
Sie schaut mich mit einem leichten Kopfnicken an.
Wir reden noch über Persönliches. Anschließend will sie mehr über die Wahine auf der Südsee-Insel wissen. Ich versuche das naturnahe Leben dort verbal in ein urbanes Petplay zu transformieren. Dann ist es auch schon wieder Zeit für mich, die Rückfahrt anzutreten. Dass wir zweieinhalb Stunden miteinander angeregt gesprochen haben, ist mir gar nicht bewusst gewesen. Hätte ich nicht auf die Uhr gesehen, hätte ich beinahe die Zugabfahrt verpasst.
Wir gehen auf den Nachbarbahnsteig, wo der Gegenzug anhält und verabschieden uns voneinander als ich einsteigen muss.

*

In der Folgezeit kommt Viktoria etwa alle drei Wochen für ein Wochenende zu mir. Ich zeige ihr die nonverbale Kommunikation von Hunden und trainiere mit ihr die Hundekommandos. Das Training lockere ich mit Hundespielen auf und lasse sie durch verschämtes Lachen Spannungen abbauen beim Training.
Dabei erzählt sie mir, dass sie gerne in die Südsee auswandern wollen würde. Das Leben der Wahine dort fasziniert sie. Nun, ich habe ja Verpflichtungen, die mich noch hier halten. Der Verkauf des Buches über meinen Verlag ist inzwischen angelaufen. Ich erhalte acht Prozent Verkaufsprovision.
Daneben habe ich eine Sportwerft gefunden, die ein Vaka erst einmal zeichnet und durchrechnet, um es dann später zu bauen. Dazu habe ich ein Großteil meiner Ersparnisse auf den Tisch legen müssen. Dann ist die Berechnung fertig und ich kann damit zur Bank gehen, um das Boot über einen Bankkredit zu finanzieren.