Mittwoch, 21. Oktober 2020
Suìmh Aille -17
Er trägt meinen Koffer die Außentreppe zum Eingang des Landhauses hoch. Nachdem er die Eingangstüre aufgeschlossen und den Flügel knarzend aufgestoßen hat, stehen wir in der Halle des Hauses. Im hinteren Bereich führen zwei halbrunde Treppen rechts und links ins Obergeschoß hoch. Darunter führt eine gläserne Doppeltür in einen Wohnraum, aus dem uns jetzt ein junger Mann in einem ebensolchen schwarzen Anzug entgegenkommt.
Er begrüßt uns, übernimmt den Koffer und führt mich in die obere Etage, wo die Gästezimmer liegen sollen. In einem langen Gang mit vielen Türen rechts und links öffnet er ein Zimmer und lässt mich zuerst eintreten. Er legt den Koffer auf das luxuriöse Bett und geht zu einer Zimmerecke, um dort eine weitere Tür zu öffnen und mich einen Blick hineinwerfen zu lassen. Ich sehe ein kleines Duschbad.
Danach verabschiedet er sich mit den Worten, dass er den Imbiss für mich im Salon unten vorbereiten will. Ich mache mich etwas frisch und begutachte dabei die Einrichtung meines Zimmers und des Bades aus der Nähe. Vom Fenster meines Gästezimmers kann ich einen kleinen Park hinter dem Haus überblicken. Dann gehe ich ebenfalls nach unten.
Im Salon finde ich mein Gedeck neben dem prasselnden Kaminfeuer. Im Augenblick scheine ich der einzige Gast des Hauses zu sein, was mir der junge Mann auch bestätigt, der mich nach meinen weiteren Wünschen fragt. Es sei gerade keine Saison, entschuldigt er die Leere. Aber so habe ich die ungeteilte Aufmerksamkeit des Personals.
Ich frage noch, wann es morgen nach Suìmh Aille weitergeht und ob man draußen im Park spazieren gehen kann. Etwas Bewegung kann ich gebrauchen, nachdem ich heute so lange sitzen musste. Draußen mache ich zwischendurch noch einige Stretching-Übungen und schlafe danach himmlisch im Gästebett des Landhauses.
Wie versprochen, machen wir am nächsten Tag, einem Sonntag, einen Trip an die wilde Küste Irlands. Der junge Mann, der den Beruf des Butlers lernt, fährt mich nach einem späten und üppigen Frühstück dorthin.
Endlich haben wir unser Ziel erreicht. Wir steigen aus. John hält mir die Beifahrertür auf und trägt den Koffer. Ich höre das Meer rauschen, kann es aber nicht sehen. Demnach müssen wir uns an einer Stelle mit felsiger Steilküste befinden. Vor uns sehe ich ein paar Steinhaufen in der Form von Bienenkörben. Dazwischen bewegen sich Leute in traditioneller Kleidung.
„Das ist Suìmh Aille,“ sagt John. Wir gehen auf einem mit Steinplatten belegten Weg. Er wird zwischen den Bauwerken breiter. Dort steht mittendrin eine Skulptur, die mich an einen Baumstumpf erinnert.
„Was stellt das dar?“ frage ich ihn und zeige auf die Skulptur.
„Jede Kultur auf der Erde hat etwas, woran man erkennt sie,“ erklärt der junge Mann. „Auf der Osterinsel sind es die Steinfiguren, die Moais. Hier ist es der keltische Lebensbaum. Allerdings existiert er nur noch als Stumpf nach 1400 Jahren Christentum und Kapitalismus.“
„Ah, damit meinst du ‚Machet euch die Erde untertan‘ und dessen negativen Folgeerscheinungen…“ sinniere ich.
„Ja, genau!“ antwortet er.
Wir gehen langsam auf einen der Steinhaufen zu, die hier die Gebäude darstellen.
„Was kann ich persönlich dazu beitragen?“ frage ich weiter.
John bleibt kurz stehen und wendet sich mir zu.
„Der Mensch sollte Pflanzen und Tiere beschützen, will er damit die Lebensqualität auf dem Planeten erhalten. In gleicher Art sollte der Mann im Kleinen die Frau beschützen und eine Atmosphäre der Sicherheit und Geborgenheit schaffen.“
„Hm, und wenn die Frau eine starke Persönlichkeit ist und sich selbst beschützen kann?“ frage ich ihn augenzwinkernd.
„Dann soll sie gerne ihren selbstbestimmten Weg gehen,“ meint er lächelnd.
Wir haben die Wand des Gebäudes erreicht. Unter einem Vordach befindet sich eine schwere Eichentür. John drückt auf einen Knopf und es ertönt eine Klingel. Kurz darauf öffnet sich die Tür knarzend und ein anderer junger Mann, diesmal in traditioneller Kleidung, übernimmt meinen Koffer. Er führt mich an einen Tresen, wenige Schritte im Inneren des Gebäudes.
Dort werde ich nach meinem Namen gefragt und man händigt mir einen Schlüssel aus. Danach werde ich wieder eine Treppe höher in ein Gästezimmer geführt. Ich richte mich flüchtig ein und gehe dann wieder hinunter in die Halle, wo ein Mittagessen auf mich wartet.
Die Tische sind hier so niedrig wie die Couchtische zuhause. Als Sitzgelegenheit befinden sich Hocker an den Tischen. Es dauert etwas, bis ich meine Beine sortiert habe, damit ich nicht mit den Knien irgendwo anstoße. Das Essen ist vorzüglich und so bin ich gespannt, wie es nach dem Mittagessen weitergeht. Schließlich bin ich für Pet-/Dogplay hierhergekommen.

*

Ich sitze mit dem Rücken zum Treppenhaus am Tisch in der Halle. Daher bin ich überrascht als der Mac Léinn mein Geschirr abräumt und mit fragt, ob ich noch einen weiteren Wunsch habe, denn in diesem Moment nehme ich eine Bewegung in den Augenwinkeln wahr. Den Kopf wendend, sehe ich eine menschliche Gestalt auf allen Vieren, die sich mir nähert und sich neben meinem Hocker auf ihre Fersen niederlässt.
Es ist eine Frau, höchstens zehn Jahre älter als ich, gekleidet in einen Overall mit Pfoten-Handschuhen und flexiblen Sportschuhen. Die Kleidung schließt am Hals mit einem Halsband ab. Ihre langen Haare hat sie zu zwei Zöpfen geflochten, die zu zwei zierlichen Dutts rechts und links über den Ohren zusammengedreht worden sind.
Sie zwinkert mir zu und öffnet den Mund, um eine Art „Wow“ zu bilden. Ich ziehe die Augenbrauen hoch. Nun lächelt die Frau und sagt auf Deutsch:
„Willkommen in Suìmh Aille! Du bist sicher Susi. Habe ich Recht?“