Mittwoch, 28. Oktober 2020
Suìmh Aille -24
Curadh Ciaraì grinst und zieht eine Augenbraue hoch.
„Susi freut sich bestimmt über Gesellschaft bei ihren Streifzügen in der Umgebung,“ antwortet er. „Aber wenn sie sie unterwegs nach Hundeart beschäftigen wollen, brauchen sie einen kleinen Vorrat an Belohnungen…“
„Das stimmt wohl,“ gibt Curadh Riagáin lächelnd zurück. „Wie transportiere ich eine Tüte Trockenfrüchte zum Beispiel, ohne dass alles zusammenpappt?“
„Nichts leichter als das!“ sagt der Méara und ruft unseren Mac Léinn herbei: „Bradáin!“
Der junge Mann kommt herbei und Curadh Ciaraì gibt ihm den Auftrag, eine Gürteltasche aus Leder zu bringen, wie er eine trägt. Wenig später kann der Méara Curadh Riagáin die Gürteltasche übergeben.
„Hier!“ sagt er. „Besorgen Sie sich alsbald einen Satz eigener Gürteltaschen! Bis dahin leihe ich Ihnen gerne eine von meinen aus.“
„Vielen Dank, Curadh Ciaraì,“ sagt Curadh Riagáin, und schaut mich nun direkt an.
Ich habe die Szene von meiner Decke aus beobachtet. Nun bin ich gespannt, was der Curadh als nächstes macht. Nach einer kurzen Gedankenpause sagt der Curadh:
„Susi, magst du einen Spaziergang mit mir unternehmen?“
Hm, grundsätzlich wäre ich ja dazu bereit. Schon allein meine Neugier will befriedigt werden. Aber das ist nicht die richtige Art und Weise, einen Hund heran zu rufen! Oder bin ich für ihn im Augenblick ein Zweibeiner?
Curadh Ciaraì schaltet sich ein:
„Sie haben noch nie mit Doggies gearbeitet?“
„Natürlich! Aber das waren Sessions in denen ich das Sagen hatte.“
Curadh Ciaraì lächelt.
„Ah, dies hier ist eine Situation, in der Sie noch nie waren. Sie sind unsicher, wie Sie sich Susi gegenüber verhalten sollen, weil es bisher keine Absprache mit ihr darüber gibt…“
„Ja, so kann man sagen!“ Curadh Riagáin ist sichtlich erleichtert.
„Sie müssen sich aneinander herantasten,“ erklärt der Méara. „Dazu ist so ein Spaziergang sehr gut geeignet! Stellen Sie sich einmal vor, Sie holen sich einen Hund aus dem Tierheim. Auch in dieser Situation kennen Sie beide sich noch nicht und müssen sich erst einmal beschnuppern. - Haben Sie Leckerlies dabei?“
Curadh Riagáin schüttelt bedauernd den Kopf.
„Leckerlies wollte ich während des Spazierganges von zuhause holen…“
Wieder hebt der Méara eine Augenbraue und ruft den Mac Léinn herbei. Der junge Mann bringt zwei Hände voll Trockenpflaumen und lässt sie in die Gürteltasche rieseln.
„So!“ stellt Curadh Ciaraì fest. „Und jetzt locken sie Susi mit einem Leckerlie zu sich.“
Man merkt, dass Curadh Riagáin das Ganze entweder peinlich ist, oder ihm das Verfahren irgendwie affig vorkommt. Er nimmt eine Trockenpflaume zwischen Daumen und Zeigefinger, streckt sie mir entgegen und sagt:
„Hey, Susi! Magst ein Leckerlie? Komm und hole es dir!“
Ich erhebe mich auf alle Viere und tue so, als schnuppere ich in seine Richtung. Dann halte ich den Kopf gesenkt und tue, als schnuppere ich auf dem Boden herum. Auf diese Weise nähere ich mich ihm in einem großen Bogen. Der Curadh scheint ungeduldig zu werden, aber ich führe die Lektion zu Ende, obwohl er mich zwischendurch mehrmals lockt mit „Na komm, Susi! Komm, hole dir dein Leckerlie! Das magst doch. ZU MIR, SUSI!“
Ich muss innerlich grinsen. Weil einfaches locken nicht zu sofortigem Gehorsam führt, auch nicht mit der Aussicht auf ein Leckerlie, muss nach seiner Ansicht ein Kommando her!
Ich bin aber schon in seiner Nähe. Mit zwei schnellen Schritten bin ich an seiner Hand und stoße mit der Nase dagegen. Scheinbar erschrocken, weil nicht vorbereitet, lässt er das Leckerlie fallen. Ich beuge mich herunter und nehme es mit dem Mund auf. Nun stehe ich neben ihm und warte, was weiter passiert.
Aus dem Konzept gebracht, fragt er nach einer Gedankenpause wieder, ob ich mit ihm spazieren gehen mag. Ich schaue ihn an und reagiere nicht. Noch einmal ruft der Méara: „Bragáin!“
Er erklärt unserem Mac Léinn, dass er einen kurzen Spaziergang machen möchte. Wenn zwischendurch jemand etwas will, soll er denjenigen ein paar Minuten vertrösten. Dann zieht er sich seine Jacke an und sagt:
„SUSI, BEI FUSS!“
Er lässt zuerst Curadh Riagáin durch die Haustür nach draußen treten, dann mich hinausschlüpfen. Nachdem er die Tür geschlossen hat, tritt er zwischen zwei Gebäuden hinaus auf die Wiesen. Ich halte mich neben seinem rechten Bein. Nach kurzer Zeit sagt er zu Curadh Riagáin:
„Ich denke, Sie möchten mit Susi unter vier Augen reden. Ich werde also wieder zurückgehen. Denken Sie daran: Wenn Susi etwas tun soll, verwenden Sie das entsprechende Hundekommando. Um Ihnen aber sofort zu gehorchen, braucht Susi Vertrauen. Ohne Vertrauen und Zuneigung geht nichts! Und das braucht Zeit. Haben Sie Geduld und verwenden Sie Lob und Belohnung reichlich!“
Der Curadh antwortet: „Okay, ich werde das beherzigen.“
Der Méara dreht um und geht in den Ort zurück. Ich bleibe allein bei Curadh Riagáin. In zwei Meter Abstand bleibe ich stehen und schaue zu ihm auf.
Wieder entsteht eine Gesprächspause. Dann setzt sich der Curadh ins Gras und nestelt an der Gürteltasche herum. Kurz darauf hat er eine weitere Trockenpflaume zwischen den Fingern und zeigt es mir. Dabei sagt er:
„Komm her, Susi! Hol dir das Leckerlie und mach SITZ neben mir.“
Ich schüttele den Kopf. So weit sind wir noch nicht. Vertrauen lässt sich nicht erkaufen. Auch nicht mit Leckerlies.
„Nein?“ sagt er. „Ich weiß nicht, wie ich diese Situation managen soll. Ich kann mich mit einer Frau unterhalten, gerne bei einem Drink oder einem guten Essen. Ich kann mit einem Hund umgehen. Wir hatten früher einen. Ich kann auch mit einer Doggie umgehen, im Rahmen des vorausgegangenen Gesprächs, in dem Wünsche und NoGos thematisiert worden sind.
Aber wie unterhalte ich mich mit einer Frau, die sich für einen Hund hält?“
Ich setze mich auf meine Fersen und sage jetzt:
„Curadh Riagáin, wie der Méara schon sagte, um mich zu führen sollten Sie die Hundekommandos verwenden. Das SITZ eben war also schon richtig. Aber locken sie mich nicht näher heran. Lassen Sie mir den Sicherheitsabstand. Bei wachsendem Vertrauen verringere ich gerne meinerseits den Abstand. Dann können Sie Monologe führen, denen ich gerne zuhöre. Soll ich mit Worten antworten und damit ein Gespräch mit Ihnen führen, sagen Sie einfach ‚Sag es mit Worten‘. Sonst könnte es sein, dass ich Hundelaute von mir gebe…“
„Okay, ich werde das in Zukunft beherzigen! Ich habe noch viel zu lernen…
Eigentlich sollte wohl jemand anders die Hundeschule übernehmen - jemand, der all das zu beherzigen weiß. Ich komme aus einer anderen Ecke des Petplay. Unsere Philosophien müssen sich erst noch aneinander angleichen.“
„Mit der Zeit kommt das!“ versuche ich ihm Mut zu machen. „Haben Sie Geduld! Auch mit sich selbst!“
„Weißt du, eigentlich wollte ich vorigen Monat nicht wiederkommen. Innerlich habe ich eure Art des Petplay belächelt. Dann ist aber das in der Blauen Grotte passiert. Ich hatte danach zuhause viel Zeit zum Nachdenken und habe mich entschlossen, mich in eure Philosophie hinein zu denken, sie mit der Zeit möglicherweise anzunehmen.“