Donnerstag, 22. Oktober 2020
Suìmh Aille -18
Ich entspanne mich wieder und bestätige ihre Annahme:
„Ja, die bin ich. Und wer bist du?“
„Ich bin Sophie Buchner, oder als Doggie ‚Eithne‘, zu Deutsch ‚Samenkern‘.“
Sie grinst breit und weist mit einer ‚Pfote‘ zur anderen Seite. Dort sitzt eine weitere Gestalt, genauso gekleidet wie Eithne. Die Andere hat rotes Haar, das zu einem Bauernzopf geflochten ist, der über die Schulterblätter fällt.
„Und das dort ist ‚Runa‘, zu Deutsch ‚zauberhaft‘. Ich bin die Doggie des Méara, des Bürgermeisters. Runa ist die Doggie des Leigheas, des ‚Heilers‘ auf Deutsch.“
„Ah,“ mache ich, und lasse eine Pause entstehen.
Eithne redet weiter: „Hier verstehen die Leute Englisch oder Irisch. Ich bin die Einzige, mit der du dich auf Deutsch unterhalten kannst. Wir sollen dich nach dem Mittagessen zur Schule führen. Deine Nächte kannst du weiterhin in deinem Gästezimmer hier in der Herberge verbringen. Wir führen dich gerne wieder zurück. Alleine findest du bestimmt nicht mehr hierher.“
Ich nicke.
„Das glaube ich! Bei der Ankunft vorhin kamen mir alle Gebäude gleich vor.“
„Hast du irgendein Outfit dabei, das du vorher noch anlegen möchtest?“ fragt Eithne, während ich mich erhebe.
Ich schüttele den Kopf.
„Nein, ich habe mein Dogplay bisher nur im Kopf gelebt. Den richtigen Owner habe ich noch nicht gefunden. Mit ihm wollte ich mich absprechen, was ich bei den Sessions tragen soll.“
„Oookay,“ dehnt Eithne. „Dann hast du aber Sportschuhe, Handschuhe, eine bequeme Hose und ein Oberteil mitgebracht?“
„Ja, das habe ich!“ bestätige ich ihre Frage.
„Gut, dann geh dich eben umziehen. Wir warten hier solange,“ sagt sie nun.
Ich nicke und gehe die Treppe hoch in mein Zimmer. Die beiden Doggies schauen mir nach. Wenige Minuten später komme ich in leicht verändertem Outfit wieder die Treppe hinunter.
‚So,‘ denke ich, ‚kann ich die Beiden begleiten.‘
Am Fuß der Treppe in der Halle erwarten die Beiden mich schon und diejenige, die Runa heißt, betritt auf allen Vieren die Treppe ins Untergeschoss. Dabei geht sie leicht schräg. Ich bleibe erst einmal auf zwei Beinen. Den Abschluss bildet Eithne.
Im Untergeschoss angekommen, ist Runa schon zu einer massiven Tür gegangen, ähnlich der Eingangstür, durch die ich in der frühen Mittagszeit das Gebäude betreten habe. Sie ist auf ihre ‚Hinterbeine‘ gestiegen. Auf ihren Fersen sitzend, drückt sie die Klinke herunter und zieht die Tür leicht auf sich zu. Dann lässt sie sich wieder nach vorne fallen, öffnet die Tür vollends und geht hindurch. Wir beiden anderen folgen ihr und Eithne schließt die Tür wieder.
Mir ist aufgefallen, dass wir oben an der Treppe ins Dunkle gegangen sind. Auf der Treppe ist irgendwann das Licht angegangen. Dann ist das Licht im Untergeschoss von alleine eingeschaltet worden. Genauso passiert es, als wir durch die Tür treten, während hinter uns das Licht wieder ausgeht.
Hier befinden wir uns in einem breiten Gang mit Plakaten in Schaukästen, die in Irisch auf Verschiedenes hinzuweisen scheinen. Wir kommen an Türen vorbei, über denen ein Schriftzug in Irisch sicher sagt, was sich dahinter verbirgt.
Eithne und Runa gehen an einigen Türen vorbei bis wir vor einer Tür ankommen. Da die Türen außen keine Klinken haben, sondern dicke Bändsel, wie sie unter kleinen Glocken hängen, drückt Runa nun einen Knopf. Ein Klingelton, wie der einer Glocke, ist zu hören. Kurz darauf wird die Tür von einem jungen Mann in ungefähr meinem Alter geöffnet.
Er begrüßt uns auf Irisch, worauf Eithne eine Art ‚Wuff‘ von sich gibt. Wir gehen durch die Tür und stehen wieder in einem Treppenhaus. Es geht ein Stockwerk höher. Auch hier sehe ich mich in einer großen Halle stehen. Es fehlen allerdings die Tische und Hocker. Dafür befinden sich an den Wänden entlang gepolsterte Sitzgelegenheiten. Wir gehen auf einen Mann zu, der dort einsam sitzt und auf uns zu warten scheint. Vor ihm auf dem Boden stehen vier Flaschen, zwei davon mit Mundstück.
Er bietet mir mit einer Handbewegung an, neben ihm Platz zu nehmen. Der junge Mann, der uns geöffnet hat, ist inzwischen hinter einer seitlichen Tür verschwunden.
„Willkommen in Suìmh Aille!“ begrüßt er mich auf Deutsch mit Akzent. „Mein Name ist Eamon Ciaraì. Du kennst von der Petplay-Community mich. Ich bin der Méara dieses Ortes. Im Moment noch ich mir teile mit dem Leigheas die Leitung der Schule bis ein Curadh ist gefunden, der das will übernehmen.“
Ich habe mich inzwischen auf die lange Couch neben ihn gesetzt und lausche seiner Erklärung. Dann fragt er, welchen Hintergrund ich habe, was mich am Dogplay so fasziniert. Den Kopf etwas schief legend erzähle ich ihm von dem Traum, von dem ich annehme, dass er in einem Wald irgendwo in Yugoslawien abgelaufen sein muss. Er hört mir aufmerksam zu und nickt hier und da.
Anschließend fragt er: „Du kannst also deuten spontan die Gestik eines Hundes, der begegnet dir?“
„Nach dem Traum habe ich das auf Spaziergängen bei Begegnungen des Öfteren versucht und ich denke, es ist mir immer besser gelungen. Die Schwierigkeit ist ja, dass die Gesten je nach momentaner Situation etwas anderes bedeuten können.“