Montag, 26. Oktober 2020
Suìmh Aille -22
In Suìmh Aille bietet mir der Méara Iarla Eamon Ciataì an, vorerst in einem Gästezimmer in seinem Haus zu wohnen. Er erzählt mir, dass sich inzwischen ein Mann gefunden hat, der sich für die Hundeschule interessiert. Curadh Ciaraì weiß aber noch nicht, ob er ihm die Hundeschule überlassen kann. Das möchte er gerne mit meiner Hilfe herausfinden.
Dazu hat er ihn für heute Abend zum Dinnéar -Abendessen- eingeladen. Ich bin auf den Gast gespannt! Zum verabredeten Zeitpunkt, ertönt die Türglocke und Curadh Ciaraìs Mac Léinn öffnet. Er bringt zwei Personen an die Tafel: Einen Mann, um die 50, bekleidet mit einem Kilt. Darüber ein Hemd und eine Weste. Die Jacke des Gastes hat Bradáin im Foyer an die Garderobe gehängt.
Der Mann wird begleitet von einem jungen Mann um die 20 in einer weiten Filzhose mit Manschetten, die eng um die Knöchel sitzen. Beide tragen sie Schnallenschuhe und Kniestrümpfe, die man nur bei dem älteren Mann wegen dessen Kilt sehen kann. Oberhalb der Gürtellinie hat der junge Mann das gleiche an. Es scheinen mir Vater und Sohn zu sein.
Sie begrüßen den Hausherrn und dieser bietet seinen Gästen Sitzplätze an der Tafel an. Anschließend wird das Essen von Mac Léinn Bradáin serviert. Curadh Ciaraì stellt uns vor:
„Meinen Mac Léinn kennen Sie ja schon. Genauso verhält es sich mit meiner Doggie Eithne. Seit ein paar Tagen habe ich eine Doggie im Haus, die gerne als Instrukteurin in der Hundeschule mitwirken würde, wenn Sie einverstanden wären. Sie hat noch ihren bürgerlichen Namen Susi und ist 26Jahre alt. Susi, das ist Curadh Koireall Riagáin mit seinem Sohn Finn.“
Er nutzt für die Konversation die englische Sprache, mit Rücksicht auf mich. Dadurch höre ich leider seinen charakteristischen Akzent nicht mehr.
Inzwischen haben die Herren je eine Tasse Tee vor sich stehen. Curadh Ciaraì hebt nun seine Tasse an tunkt zwei Finger hinein spritzt die Tropfen auf seinen Heimstein - Clocha bhaile- und spricht:
„Tugann nádúr cuimsitheach, léargas ceart dúinn inár dtionscadail. – Allumfassende Natur, schenke uns bei unseren Vorhaben die rechte Einsicht-.“
Er nickt seinen Gästen zu und ermuntert sie:
„Wiederholen Sie gerne Geste und Spruch. Das soll allmählich in Suìmh Aille gebräuchlich werden. Ich habe Ihnen ja schon etwas zu dem Hintergrund erzählt.“
Jetzt ahmen beide Gäste den Hausherrn nach, unsicher lächelnd. Anschließend beginnt das Essen. Nach wenigen Bissen fragt der Méara seine Gäste:
„Nehmen wir einmal an, ein paar Curadhs haben Ihnen ihre Doggies anvertraut, wie würden Sie beginnen?“
Curadh Riagáin schaut in die Runde und beginnt:
„Zuerst gilt es, ein positives emotionales Umfeld zu schaffen... Vertrauen schaffen. Das braucht individuell mehr oder weniger Zeit! Vertrauen ist eine empfindliche Pflanze. Sie ist schnell geknickt, leicht ausgerupft. Sie braucht eine intensive Pflege, um wachsen zu können!“
Curadh Ciaraì lächelt und wirft ein:
„Genau richtig! Ich freue mich auch, dass sie in ihre Erklärung einen Bezug zur Natur einfließen lassen! Und was folgt dann?“
„Ich muss mich überzeugen, was die Curadhs ihren Doggies schon gelehrt haben, wo ich sie also quasi abholen muss, um darauf aufbauen zu können. In diesem Zusammenhang haben wir im Vorfeld ja schon über den ‚Bear Crawl‘ und die ‚nonverbale Kommunikation‘ gesprochen. Wir sind durch die Uaimh ghorm –blaue Grotte- in der glücklichen Lage auch Dog-Swimming anbieten zu können. Je nach Wunsch des Curadhs könnte ich auch Dog-Dancing anbieten.“
„Das hört sich interessant an,“ meint Curadh Ciaraì. „Was ist aber, wenn sich eine Doggie widerspenstig zeigt, wenn sie das Training nicht mitmachen will?“
„Ich hoffe, dass ihr Curadh mir vor Trainingsbeginn etwas über sie und ihren Charakter berichtet. Ich werde ihn fragen, was er bisher in einem solchen Fall unternommen hat und meine Methode darauf ausrichten.“
„Ich muss Sie dringend darum bitten das Training abzulehnen, wenn SM-Methoden angesprochen werden!“ sagt der Méara eindringlich. „Wir werden niemand zu etwas zwingen! Jedes Lebewesen hat Achtung und Respekt verdient! Den Abstand verringern darf in dem Fall nur die Doggie!“
Curadh Riagáin nickt und fragt:
„Wenn es nun Streit gibt zwischen Doggie und Mac Léinn?“
„Die Doggies werden sich mit ‚Zähnen und Krallen‘ wehren, wenn ihnen etwas nicht passt!“ sagt Curadh Ciaraì. „Deshalb sagte ich eben, Zwang lehne ich ab. Aggressionen verbrauchen zuviel Energie! Statt fesseln, Tuch über den Kopf und andere Aktionen, sollte man wirklich auf Respekt und Zuneigung setzen.
Natürlich ist das Leben nicht immer eitel Sonnenschein. Es gibt eine Reihe negativer Einflüsse, die man kennen muss: Erstens, wenn wir uns des anderen nicht mehr bewusst sind, wenn uns der andere egal zu werden beginnt. Zweitens das unstillbare Verlangen nach mehr. Wenn uns der andere nicht mehr genug ist. Drittens, wenn das Mitgefühl schwindet und der Selbstsucht Platz macht. Viertens die Angst vor der Vergänglichkeit, vor dem Ende des Mitgefühls. Fünftens, wenn die Gefühle nicht mehr bestimmen, sondern das Körperliche überhandnimmt. Sechstens, nur noch zu glauben, was man sieht. Wenn also die Rationalität mehr Gewicht bekommt als die Emotionalität. Und Siebtens die Besserwisserei, die verblendete Selbstüberzeugung, der Fanatismus.“
„Im Umkehrschluss könnte das aber auch bedeuten, dass die Mic Léinn im Umgang mit den Doggies geschult werden müssten…“ stellt der Besucher fest. Sein Sohn sitzt mit offenen Augen und Mund da, und verfolgt die Diskussion, die ein wenig an Schärfe gewonnen hat.
„Es bedarf eigentlich nur eines Umdenkens – und im Alltag vielleicht jemanden, den sie um Rat fragen können…“ gibt der Méara zurück, um der Diskussion ein wenig die Schärfe zu nehmen.
Der Gast versinkt nun in ein minutenlanges Nachdenken.
„Wie bekomme ich die Doggies ohne Zwang dazu, zu folgen?“
‚Oh,‘ denke ich. ‚Wenn er die ‚Positive Verstärkung‘ nicht kennt, ist er eigentlich für die Position nicht geeignet.‘
Der Méara lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und antwortet:
„Wenn man unser Petplay mit der Haltung echter Hunde vergleicht… Wir orientieren uns daran, wohl wissend, dass wir es nicht Eins zu Eins übertragen können… Dann motivieren wir unsere Doggies mittels Lob und Belohnung, auf die Worte ihres Besitzers oder Trainers zu hören. Es entsteht eine tiefe emotionale Bindung. Diese Erziehungsmethode nennt man ‚positive Verstärkung‘. Natürlich gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Immer gilt, dass der Besitzer oder Trainer seiner Verantwortung gerecht werden muss!“