Nicci (18)
„Du magst ab und zu selbstbestimmt handeln. Ich habe auch gesagt, dass ich in dir keinen Roboter sehe, der nur auf Befehl aktiv wird, ansonsten passiv bleibt und ständig unter Kontrolle ist. Du bist für mich ein fühlendes Geschöpf! Wenn dein Gefühl dich spontan einen Unsinn machen lässt, du also mal ‚vom Teufel geritten‘ wirst, dann ist das halt so! Ich mache den Unsinn bis zu einem gewissen Grad mit, selbst wenn ich das Ziel des Scherzes bin. Wenn ich dann allerdings SCHLUSS sage, muss auch Schluss sein.“
„Gibt es eigentlich auch Momente, wo du die Doggie nur beobachtest?“
„Das hast du ja gestern am Strand gesehen,“ antwortet Peter. „Oder wenn Doggie auf allen Vieren durch die Wohnung stromert… Da braucht es nicht das Kommando FREI. Sie steht eben nicht ständig unter strenger Kontrolle, auch wenn ich mich für sie verantwortlich fühle – und sie im Dogspace gerne die Verantwortung für sich in meine Hände legt. Sie darf tun, was ihr spontan in den Sinn kommt, außerhalb rationaler Überlegungen. – Solange ich keine Hundekommandos ausspreche. Ich erwarte natürlich Gehorsam, den ich eigentlich auch bekomme, weil sie mich mag und weiß, dass es anders herum genauso ist; weil sie mir vertraut, dass ich nichts fordere, was ihr schadet.“
„Sicher deshalb, weil echte Tiere das auch so machen, oder?“ resümiere ich. „Und wenn sie dann stromert, sagst du dann etwas zu ihr oder beobachtest du sie kommentarlos?“
„Das kommt darauf an,“ meint Peter, „ob ich denke ‚alles in Ordnung‘ oder ‚Achtung, gleich könnte ihr etwas passieren‘. Wenn ihre Mimik zeigt, dass sie etwas ‚im Schilde führt‘, lasse ich mich gerne überraschen was passiert. ‚Den Schalk im Nacken‘ lasse ich ihr also gerne. Ich unterbinde nicht jede Respektlosigkeit. Ich sage nur, wann es mir zu bunt wird – ohne eine Bestrafung anzudrohen. Das Verhältnis zueinander soll nicht durch Angst vor Strafe geprägt sein! Das schließt natürlich aus, dass die Doggie maso ist. Solche Doggies erregt gerade das Gefühl der Angst… Wenn Doggie dagegen nur herumliegt, dann nehme ich einen Ball oder ähnliches und animiere sie zum Spielen.“
Ich lasse die Worte auf mich einwirken. Nein, maso bin ich nicht. Hätte ich Angst vor Peter, würde ich mich trennen! Ein solches Gefühl zu provozieren käme mir nie in den Sinn! Darüber entsteht eine kleine Pause.
Schließlich nimmt Peter den Faden wieder auf:
„Wenn du mich das nächste Mal besuchst, Nicci, wird das wieder ein Wochenende werden, oder magst du zu mir ziehen?“
Ich lächele ihn offen an und antworte:
„Ich bleibe dabei, was wir verabredet haben, Lieber! Ich kündige Wohnung und Job. Es gibt da Fristen, die ich beachten muss. Also dauert es etwa fünf Wochen, bis ich zu dir ziehen kann. Dann habe ich eine Woche, um meine Wohnung leer zu räumen und zu reinigen. Du hilfst mir doch dabei?“
„Natürlich, mein Mädchen! Rufe und ich komme, egal welches Problem dahintersteckt! Das gehört dazu, dass ich gewillt bin Verantwortung zu übernehmen als dein Owner…“
„Nur, weil es zu deiner Rolle gehört?“ frage ich mit geschürzten Lippen.
Peter grinst fast von einem Ohr zum Anderen und umfasst meine Schultern. Er antwortet:
„Das wäre zu flach, Liebes. Ich habe dich lieb gewonnen und möchte dich nicht mehr missen! Aber natürlich spielen da viele Faktoren hinein. Ich bin nicht eindimensional!“
Ich drehe meinen Kopf zu seiner Hand auf meiner Schulter und drücke einen zarten Kuss auf seinen Handrücken.
„Das macht gerade die Beziehung zu einem älteren Mann so interessant,“ sage ich. „Du hast Ecken und Kanten, bist nicht so einfach zu ergründen. Es gibt immer wieder Interessantes zu entdecken!“
„Du profitierst von meiner Lebenserfahrung, kannst dich mit wachsendem Vertrauen immer mehr fallenlassen,“ meint Peter.
Ich umfasse seine Taille, beuge mich zu ihm und schaue zu ihm auf. Dann erhebe ich mich und beginne die Reste des Frühstücks zusammen zu stellen. Auch Peter steht vom Tisch auf und hilft mir beim Abräumen.
„Langsam sollten wir uns fertig machen,“ sagt er schließlich.
Ich schaue auf die Uhr. Tatsächlich, mein Zug fährt in etwas über einer Stunde. Also gehe ich ins Schlafzimmer. Meine Tasche ist schnell gepackt. Dann fahren wir in den Ort, wo sich der Bahnhof befindet. Die Fahrt dauert etwas über eine halbe Stunde. Auch unterwegs ist Petplay unser Gesprächsthema.
„Woran merkst du eigentlich, wenn eine Doggie sich mit dir zu einer Session trifft und dir dann nur etwas vorspielt, statt ernsthaft dabei zu sein?“ frage ich ihn.
„Hm, du meinst, wenn eine Frau ihre Rolle als Hündin nicht ‚lebt‘, sondern quasi schauspielert?“
„Ja,“ bestätige ich.
„Wenn jemand nur mit dem Kopf dabei ist, statt mit dem Herzen, das fällt ziemlich bald auf,“ erklärt Peter. „Der Owner braucht dann eigentlich nur wenig tun. SIE beendet die Session, indem sie aufsteht und irgendetwas in der Art sagt: ‚Mach deinen Scheiß alleine!‘ Oder so ähnlich…
Wenn sie nämlich nicht emotional dabei ist, sondern mit rationalen Überlegungen, dann kommt wohl bald der Gedanke: ‚Was mache ich hier eigentlich?‘ Und dann kommt es zu der eben beschriebenen Reaktion. Die Gesellschaft stellt den Menschen über das Tier. Rational betrachtet, erniedrigt sie sich – und das geht in den Augen dieser Menschen einfach nicht. Sie würden wohl ein Haustier auch nie als Familienmitglied akzeptieren…“
„Hm, darum möchtest du, dass ich meine Emotionen auslebe…“ führe ich den Gedanken weiter und schaue ihn schräg von der Seite an.
Peter lacht auf.
„Viele Menschen gehen aus rationalen Gründen Beziehungen zueinander ein. Sie erhoffen sich irgendeinen Vorteil davon. Einige Leute, die uns Hand in Hand spazieren sehen, denken sicher: ‚Guck mal, die Zwei da! Die Kleine schmeißt sich dem Alten bestimmt nur an den Hals, weil sie von seinem Geld profitieren will.‘ Diese Leute kommen gar nicht auf die Idee, dass ein emotionales Band beide verbinden könnte – weil sie von einigen Pärchen aus der Klatschpresse ausgehen, als wäre das die Regel…“
Einige Minuten sitzen wir wieder still nebeneinander im Auto. Dann fährt Peter auf den Parkplatz neben den Gleisen. Wir steigen aus und Peter trägt mir die Reisetasche ans Gleis. Beim Uhrenvergleich sehen wir, dass wir noch zwanzig Minuten Zeit bis zur Abfahrt haben. Peter geht zur Sitzbank neben dem Fahrplan und meint:
„Setz dich ruhig bis dein Zug kommt.“
Er setzt sich und stellt meine Reisetasche zwischen seine Füße ab. Ich nehme den Faden wieder auf und frage ihn:
„Würdest du eine Session abbrechen, wenn du feststellst, dass die Doggie deinen Anweisungen nicht folgt oder sich sogar über die Situation lustig macht?“
„Hm,“ brummt er. „Das ist auch nicht so einfach zu beantworten. Ich würde sie darauf ansprechen und den Grund ihres Verhaltens erfahren wollen. Vielleicht ist die Doggie ja im Grunde ihres Herzens maso und vermisst die harte Hand? Vielleicht will sie also mit ihrem Verhalten eine Bestrafung provozieren? Da ich aber nicht körperlich strafe, ist die Grundlage für eine schöne Session nicht mehr gegeben und ein Abbruch das Beste!
Die Doggie soll in einer Session bei mir ‚ihr inneres Tier herauslassen‘, ihre Gefühle ausleben. Du hast sicher selbst erlebt, wie schwierig das anfangs ist. ‚Animalische Gefühle‘ hat die Doggie bisher wegen des gesellschaftlichen Umfelds und der Erziehung unterdrückt. Sie hält es aus den beschriebenen Gründen für ‚hemmungslos‘ und das ist gesellschaftlich geächtet. Dieses von dir angesprochene ‚lustig machen‘ kann also auch Zwangsverhalten aus Schüchternheit sein. Hier ist meine Geduld gefragt – und eine Politik der ‚kleinen Schritte‘!“
hrpeter am 31. Juli 20
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