Freitag, 31. Juli 2020
Nicci (18)
„Du magst ab und zu selbstbestimmt handeln. Ich habe auch gesagt, dass ich in dir keinen Roboter sehe, der nur auf Befehl aktiv wird, ansonsten passiv bleibt und ständig unter Kontrolle ist. Du bist für mich ein fühlendes Geschöpf! Wenn dein Gefühl dich spontan einen Unsinn machen lässt, du also mal ‚vom Teufel geritten‘ wirst, dann ist das halt so! Ich mache den Unsinn bis zu einem gewissen Grad mit, selbst wenn ich das Ziel des Scherzes bin. Wenn ich dann allerdings SCHLUSS sage, muss auch Schluss sein.“
„Gibt es eigentlich auch Momente, wo du die Doggie nur beobachtest?“
„Das hast du ja gestern am Strand gesehen,“ antwortet Peter. „Oder wenn Doggie auf allen Vieren durch die Wohnung stromert… Da braucht es nicht das Kommando FREI. Sie steht eben nicht ständig unter strenger Kontrolle, auch wenn ich mich für sie verantwortlich fühle – und sie im Dogspace gerne die Verantwortung für sich in meine Hände legt. Sie darf tun, was ihr spontan in den Sinn kommt, außerhalb rationaler Überlegungen. – Solange ich keine Hundekommandos ausspreche. Ich erwarte natürlich Gehorsam, den ich eigentlich auch bekomme, weil sie mich mag und weiß, dass es anders herum genauso ist; weil sie mir vertraut, dass ich nichts fordere, was ihr schadet.“
„Sicher deshalb, weil echte Tiere das auch so machen, oder?“ resümiere ich. „Und wenn sie dann stromert, sagst du dann etwas zu ihr oder beobachtest du sie kommentarlos?“
„Das kommt darauf an,“ meint Peter, „ob ich denke ‚alles in Ordnung‘ oder ‚Achtung, gleich könnte ihr etwas passieren‘. Wenn ihre Mimik zeigt, dass sie etwas ‚im Schilde führt‘, lasse ich mich gerne überraschen was passiert. ‚Den Schalk im Nacken‘ lasse ich ihr also gerne. Ich unterbinde nicht jede Respektlosigkeit. Ich sage nur, wann es mir zu bunt wird – ohne eine Bestrafung anzudrohen. Das Verhältnis zueinander soll nicht durch Angst vor Strafe geprägt sein! Das schließt natürlich aus, dass die Doggie maso ist. Solche Doggies erregt gerade das Gefühl der Angst… Wenn Doggie dagegen nur herumliegt, dann nehme ich einen Ball oder ähnliches und animiere sie zum Spielen.“
Ich lasse die Worte auf mich einwirken. Nein, maso bin ich nicht. Hätte ich Angst vor Peter, würde ich mich trennen! Ein solches Gefühl zu provozieren käme mir nie in den Sinn! Darüber entsteht eine kleine Pause.
Schließlich nimmt Peter den Faden wieder auf:
„Wenn du mich das nächste Mal besuchst, Nicci, wird das wieder ein Wochenende werden, oder magst du zu mir ziehen?“
Ich lächele ihn offen an und antworte:
„Ich bleibe dabei, was wir verabredet haben, Lieber! Ich kündige Wohnung und Job. Es gibt da Fristen, die ich beachten muss. Also dauert es etwa fünf Wochen, bis ich zu dir ziehen kann. Dann habe ich eine Woche, um meine Wohnung leer zu räumen und zu reinigen. Du hilfst mir doch dabei?“
„Natürlich, mein Mädchen! Rufe und ich komme, egal welches Problem dahintersteckt! Das gehört dazu, dass ich gewillt bin Verantwortung zu übernehmen als dein Owner…“
„Nur, weil es zu deiner Rolle gehört?“ frage ich mit geschürzten Lippen.
Peter grinst fast von einem Ohr zum Anderen und umfasst meine Schultern. Er antwortet:
„Das wäre zu flach, Liebes. Ich habe dich lieb gewonnen und möchte dich nicht mehr missen! Aber natürlich spielen da viele Faktoren hinein. Ich bin nicht eindimensional!“
Ich drehe meinen Kopf zu seiner Hand auf meiner Schulter und drücke einen zarten Kuss auf seinen Handrücken.
„Das macht gerade die Beziehung zu einem älteren Mann so interessant,“ sage ich. „Du hast Ecken und Kanten, bist nicht so einfach zu ergründen. Es gibt immer wieder Interessantes zu entdecken!“
„Du profitierst von meiner Lebenserfahrung, kannst dich mit wachsendem Vertrauen immer mehr fallenlassen,“ meint Peter.
Ich umfasse seine Taille, beuge mich zu ihm und schaue zu ihm auf. Dann erhebe ich mich und beginne die Reste des Frühstücks zusammen zu stellen. Auch Peter steht vom Tisch auf und hilft mir beim Abräumen.
„Langsam sollten wir uns fertig machen,“ sagt er schließlich.
Ich schaue auf die Uhr. Tatsächlich, mein Zug fährt in etwas über einer Stunde. Also gehe ich ins Schlafzimmer. Meine Tasche ist schnell gepackt. Dann fahren wir in den Ort, wo sich der Bahnhof befindet. Die Fahrt dauert etwas über eine halbe Stunde. Auch unterwegs ist Petplay unser Gesprächsthema.
„Woran merkst du eigentlich, wenn eine Doggie sich mit dir zu einer Session trifft und dir dann nur etwas vorspielt, statt ernsthaft dabei zu sein?“ frage ich ihn.
„Hm, du meinst, wenn eine Frau ihre Rolle als Hündin nicht ‚lebt‘, sondern quasi schauspielert?“
„Ja,“ bestätige ich.
„Wenn jemand nur mit dem Kopf dabei ist, statt mit dem Herzen, das fällt ziemlich bald auf,“ erklärt Peter. „Der Owner braucht dann eigentlich nur wenig tun. SIE beendet die Session, indem sie aufsteht und irgendetwas in der Art sagt: ‚Mach deinen Scheiß alleine!‘ Oder so ähnlich…
Wenn sie nämlich nicht emotional dabei ist, sondern mit rationalen Überlegungen, dann kommt wohl bald der Gedanke: ‚Was mache ich hier eigentlich?‘ Und dann kommt es zu der eben beschriebenen Reaktion. Die Gesellschaft stellt den Menschen über das Tier. Rational betrachtet, erniedrigt sie sich – und das geht in den Augen dieser Menschen einfach nicht. Sie würden wohl ein Haustier auch nie als Familienmitglied akzeptieren…“
„Hm, darum möchtest du, dass ich meine Emotionen auslebe…“ führe ich den Gedanken weiter und schaue ihn schräg von der Seite an.
Peter lacht auf.
„Viele Menschen gehen aus rationalen Gründen Beziehungen zueinander ein. Sie erhoffen sich irgendeinen Vorteil davon. Einige Leute, die uns Hand in Hand spazieren sehen, denken sicher: ‚Guck mal, die Zwei da! Die Kleine schmeißt sich dem Alten bestimmt nur an den Hals, weil sie von seinem Geld profitieren will.‘ Diese Leute kommen gar nicht auf die Idee, dass ein emotionales Band beide verbinden könnte – weil sie von einigen Pärchen aus der Klatschpresse ausgehen, als wäre das die Regel…“
Einige Minuten sitzen wir wieder still nebeneinander im Auto. Dann fährt Peter auf den Parkplatz neben den Gleisen. Wir steigen aus und Peter trägt mir die Reisetasche ans Gleis. Beim Uhrenvergleich sehen wir, dass wir noch zwanzig Minuten Zeit bis zur Abfahrt haben. Peter geht zur Sitzbank neben dem Fahrplan und meint:
„Setz dich ruhig bis dein Zug kommt.“
Er setzt sich und stellt meine Reisetasche zwischen seine Füße ab. Ich nehme den Faden wieder auf und frage ihn:
„Würdest du eine Session abbrechen, wenn du feststellst, dass die Doggie deinen Anweisungen nicht folgt oder sich sogar über die Situation lustig macht?“
„Hm,“ brummt er. „Das ist auch nicht so einfach zu beantworten. Ich würde sie darauf ansprechen und den Grund ihres Verhaltens erfahren wollen. Vielleicht ist die Doggie ja im Grunde ihres Herzens maso und vermisst die harte Hand? Vielleicht will sie also mit ihrem Verhalten eine Bestrafung provozieren? Da ich aber nicht körperlich strafe, ist die Grundlage für eine schöne Session nicht mehr gegeben und ein Abbruch das Beste!
Die Doggie soll in einer Session bei mir ‚ihr inneres Tier herauslassen‘, ihre Gefühle ausleben. Du hast sicher selbst erlebt, wie schwierig das anfangs ist. ‚Animalische Gefühle‘ hat die Doggie bisher wegen des gesellschaftlichen Umfelds und der Erziehung unterdrückt. Sie hält es aus den beschriebenen Gründen für ‚hemmungslos‘ und das ist gesellschaftlich geächtet. Dieses von dir angesprochene ‚lustig machen‘ kann also auch Zwangsverhalten aus Schüchternheit sein. Hier ist meine Geduld gefragt – und eine Politik der ‚kleinen Schritte‘!“



Nicci (17)
Peter dreht sich zu mir und stützt sich auf seinen Ellbogen. Wir schauen uns an. Er beugt sich über mich und küsst mich, während seine freie Hand über meinen Körper wandert und mich erschauern lässt.
„Ich werde mich stets um dein Wohl sorgen und verantwortungsvoll um alles kümmern! Wir werden über alles sprechen. Ich werde deine Einschätzung immer berücksichtigen! Du bist mein Ein und Alles!“
Ich lasse seine Zärtlichkeiten noch eine Weile zu. Als er Anstalten macht aufzustehen, bin ich leicht enttäuscht. Dann sagt er:
„Der heutige Tag ist noch nicht vorbei. Wir wollen ein wenig Kommandotraining machen.“
Ich lächele seufzend und komme hoch in die SITZ-Position. Lächelnd kommentiert Peter das:
„Wenn ich mich um die Feinheiten kümmere, heißt das: Du musst deine Knie ein wenig mehr auseinandernehmen und deine Hände oder Fäuste dazwischen aufsetzen. Dann sitzt du auf deinen Fersen. – Okay, so sitzt du in der Position!
Wenn du wartest hast du selbst schon eine leicht andere Position eingenommen: Nämlich kurz bevor du dich bewegst, hast du die Knie vom Boden abgehoben. – Das wäre die Position verbunden mit der Gestik ‚Achtung‘.“
Ich hebe eine Augenbraue an und löse die Knie vom Boden. Jetzt berühre ich nur mit den Fäusten und den Zehen bis zu den Zehenballenden den Boden, wie ein Hundert-Meter-Läufer in der Startposition. Peter greift in einen Beutel, den er vom Tisch nimmt und zeigt mir ein Gummibärchen.
„Na, Nicci, willst du das haben?“ fragt er lächelnd und nähert sich mit der Hand meinem Mund.
Ich spitze die Lippen, aber er hockt sich vor mich hin und führt das Gummibärchen vor meinem Gesicht tiefer. Prompt beuge ich meine Ellbogen, um daran zu kommen. Mit seiner freien Hand drückt er auch meinen hinteren Rücken tiefer und als ich so ganz auf dem Boden kauere, sagt Peter „PLATZ“ und steckt mir das Gummibärchen zwischen die Lippen.
Während ich die Süßigkeit kaue, nimmt Peter ein zweites Gummibärchen in die Hand und führt es vor meinem Gesicht seitlich und im kleinen Bogen nach oben. Ich versuche es zu erreichen und lege mich dabei unwillkürlich auf die Seite. Das kommentiert er mit „MÜDE!“ und gibt mir auch dieses Gummibärchen in den Mund. Dann fährt er mir zärtlich durch das Haar und lobt mich währenddessen:
„Das hast du ganz gut gemacht, mein Mädchen!“
Ich freue mich darüber und drücke meinen Kopf fester in seine Hand.
Bis es draußen dämmert hat Peter auf diese Weise etwa zwanzig verschiedene Kommandos durchgespielt. Dann sagt er „HOPP!“ und legt seine Hand auf die Couch. Gern klettere ich auf seine Couch und mache mich dort lang. Er setzt sich an ein Ende, so dass ich meinen Kopf in seinen Schoß legen kann. Dann schaltet er den Fernseher und einen DVD-Player ein und wir schauen zusammen einen Film.
Es geht darin um Petplay. Allerdings ist der Hintergrund, vor dem die Story spielt, eher düstern. Organhändler interessieren sich für die Frau in der Rolle des Pet mit dem Ergebnis, dass die Frau stirbt. Als der Film zu Ende ist, bleibe ich erst einmal ruhig liegen. Nach einem kurzen Augenblick sagt Peter:
„Ein schöner Film von gegenseitiger Sorge um das Wohl des Anderen. Allerdings, warum müssen solche Geschichten immer das Motiv ‚armes Mädchen – reicher Mann‘ bedienen? Wenn Geld im Spiel ist, gibt es keine Gefühle, sondern nur die Suche nach dem jeweils eigenen Vorteil! Auch seine Recherche nach ihrem Wert auf der Internetseite dieser Organhändler zeigt ein Besitzdenken – keine Gefühle. Dass er dann ein paar Tränen verdrückt nach ihrem Tod… Das sind für mich Krokodilstränen! Keine echte Trauer um den Verlust einer geliebten Person!“
Ich drehe mich auf den Rücken und schaue ihm in die Augen.
„Du ‚kaufst‘ mich nicht mit Geld. Du kümmerst dich um meine Belange – hast du gesagt!“
„Ja, Nicci! Und dazu stehe ich. – Wenn du deine Arbeitsstelle und deine Wohnung kündigst, bin ich da und helfe dir beim Umzug! Später beschütze ich dich, wo ich kann…“
Ich lege meine Arme um seinen Hals und ziehe mich hoch, um ihm einen intensiven Kuss zu geben.

*

Als wir am nächsten Morgen nebeneinander in seinem Bett wach werden, scheint die Sonne durch den Spalt zwischen den beiden Vorhängen. Ich bleibe noch eine Weile liegen, an Peter gekuschelt. Auch er genießt die Nähe. Ich bin sicher, er ist genauso glücklich wie ich, und mag mich nicht missen.
Nach einer Weile dreht er sich langsam zu mir herum. Er streichelt zärtlich meine Wange und Hals, bis er die Schulter erreicht. Nun wende ich ihm meinen Blick zu und schaue ihm in die Augen, deren Blick mich ebenfalls streichelt. Ich lege meinen Arm um ihn und gebe ihm einen Guten-Morgen-Kuss.
„Geh du ruhig schonmal ins Bad,“ flüstert er mir mit sanfter Stimme zu. „Ich mache derweil schon das Frühstück fertig.“
Lächelnd zwinkere ich ihm zustimmend zu und setze mich auf. Statt das Bett auf meiner Seite zu verlassen, rolle ich mich spontan über Peter. Der lacht und hält meinen Oberschenkel fest. Ich entwinde mich ihm lachend. Da er sich nun aus dem Bett schwingt, beeile ich mich lachend ins Bad zu kommen und schließe die Tür hinter mir. Aber er rüttelt nicht an der Klinke…
Als ich schließlich angezogen zum Esstisch komme, ist dort schon alles bereit.
„Kochst du eben noch den Kaffee und toastest die Brötchen?“ fragt er, küsst mich flüchtig und verschwindet seinerseits im Bad.
Also lege ich zwei Brötchen auf den Toaster und starte die Kaffeemaschine. Dann öffne ich die Vorhänge, schüttele das Bettzeug auf und schalte das Radio ein. Die Maschinen in der Küche melden Vollzug mit einem Piepton, und ich bringe Kaffee und Brötchen an den Tisch. In dem Moment kommt Peter hinzu.
„Danke dir,“ sagt er lächelnd und nimmt mich liebevoll in den Arm.
Er setzt sich zu mir über Eck an den Tisch und beginnt zu frühstücken. Auch ich schneide mir ein Brötchen auf. Dann lege ich die beiden Hälften auf das Brettchen und schaue ihn an. Mir ist etwas eingefallen, das ich gleich klären möchte:
„Du hast gestern gesagt, ein Herr beschäftigt sich in seiner Freizeit nur mit seiner Doggie. Du hast auch aufgezählt, was es alles für Möglichkeiten gibt, sich miteinander zu beschäftigen. Hast du eigentlich keine Zeiten, an denen du dich nur mit dir und dem Hobby beschäftigst? Oder gibt es keine Zeiten, an denen du dich mit Kumpels triffst?“
„Du denkst jetzt an Verhaltensweisen deines Ex?“ fragt Peter zurück.
Ich nicke und schlage die Augen nieder. Peter legt seine Hand auf meine und hebt mein Kinn an, dass ich ihm in die Augen schauen muss.
„Ich habe ein anderes Verständnis von Beziehung! Für mich sind wir keine zwei Einzelpersonen, die tagsüber ihr eigenes Leben führen und nachts miteinander schlafen… Für mich heißt Beziehung, dass wir auch tagsüber gemeinsame Erlebnisse haben, dass wir uns beide um das Wohl des Anderen bemühen.“
„Hocken wir also ständig wie Glucken aufeinander?“ frage ich, während sich eine steile Falte auf meiner Stirn bildet.
Peter lacht mich an.