Mars05-Die Hochzeit (7)
Die Familie Inkosi gehört nun der Ethnie der Khoikhoi an. Die Khoikhoi haben mehrere Götter und ?Heiler?, die durch Trance mit der Götterwelt in Verbindung treten können. Ein solcher ?Heiler?, auf Khoi ein ?Igquirla?, wird die Hochzeitszeremonie leiten.
Auf ihren Rat hin, fahre ich an einem der nächsten Tage wieder zum Berufsverband der Kunstglaser und schaue mir die Ausstellung allein mit ALBA noch einmal an. Ich erstehe eine gläserne Skulptur, die mit verschiedenen Mineralien Farbverläufe erhalten hat. Die Skulptur erhalte ich in einer Kiste verpackt, die später in der Wohnung zu einem Sockel wird. Sie soll eine Art Brautgeschenk an die Adresse der Brauteltern werden.
Eigentlich hätte ich ihnen das Geschenk bei meinem Antrittsbesuch machen sollen. Nun soll ich die Brauteltern am Vortag der Hochzeit in meine Wohnung einladen. Frau Berlin möchte mir ein dem Anlass entsprechendes Menü zusammenstellen. Ich bedanke mich herzlich dafür und verfasse eine schriftliche Einladung.
Anschließend fahre ich zum Wohnblock, in dem die Familie Inkosi wohnt und gebe die Einladung bei der Dame hinter dem Tresen im Foyer ab. Am Vormittag des Vortages meiner Hochzeit hole ich das Menü bei den Berlins ab. Gegen Mittag treffen die Inkosis bei mir ein. Ich heiße Madikwes Elternpaar willkommen und bitte sie an den Tisch.
Frau Inkosi verschwindet mit einer Entschuldigung kurz im Bad. Als sie an den Tisch kommt, zeigt sie einen überraschten Gesichtsausdruck. Ich stelle für ALBA und MABVENI je einen Napf in die Nähe und verschwinde schnell in der Küche, um die Vorspeise aufzutragen. In dieser Zeit hat Frau Inkosi ihren Mann wohl informiert, was sie im Bad gesehen hat.
Während wir nun die Vorspeise von Frau Berlin genießen, fragt Herr Inkosi lächelnd:
?Darf ich den Grund unseres heutigen Zusammenseins erfahren? Sie wollen sich doch nicht von Madikwe lossagen? Haben Sie ihre Gefühle zu ihr gründlich geprüft??
Ich schüttele lächelnd den Kopf und antworte:
?In den vergangenen Wochen habe ich eine unstillbare Sehnsucht nach Madikwe gefühlt, solange ich mich nicht durch meine Arbeit und die Vorbereitungen hier ablenken konnte. Also will ich mich ganz sicher nicht von meiner Liebe lossagen! Ich habe mich auch bei den Eheleuten Berlin über den Ablauf einer marsianischen Hochzeit informiert.
Herr Berlin ist einer meiner Chefs im Amt und mein Mentor. Er hat mich auf einen Faux pas aufmerksam gemacht: Eigentlich hätte ich Ihnen bei meinem Antrittsbesuch vor Wochen ein Brautgeschenk machen müssen. Das will ich heute nachholen. Frau Berlin war nun so lieb und hat sich angeboten, dieses Menü zu bereiten, damit ich nichts bestellen muss. Ich denke, dafür dürfen die Eheleute Berlin als meine ?Eltern? an der Zeremonie morgen teilnehmen.?
Meine beiden Schwiegereltern in spe haben der langen Ansprache aufmerksam zugehört. Herr Inkosi meint:
?Aber natürlich! Dann lernen wir die Herrschaften ebenfalls kennen? Diese Wohnung gehört dir, Tim??
Ich nicke lächelnd, sammele das leere Geschirr ein und trage es in die Küche, um danach mit dem Hauptgang zum Tisch zurück zu kommen. Als ich mich wieder gesetzt habe, erkläre ich:
?Ich hatte Madikwe ja gesagt, dass ich bisher ein kleines Appartement bewohnte. In den vergangenen Wochen habe ich nach etwas Größerem für uns gesucht und diese Wohnung hier gefunden. Ich habe mir gedacht, dass ich in Zukunft Gäste- und Kinderzimmer gebrauchen würde. Die anderen Räume ergaben sich dann so. Im Bad habe ich ein paar Einbauten machen lassen, die ich mit dem Installateur vorher abgesprochen habe. Das Wasser wird, wie in Raumschiffen üblich, in einen Kreislauf geführt. Es wird gereinigt und wieder neu in den Verbrauch gegeben.?
Ich lächele und ergänze: ?Der Mann wird seine Erfahrung in meiner Wohnung sicher bald weiteren Kunden anbieten. Einen kleinen Betrag seines Umsatzes habe ich mir vertraglich gesichert!?
?Du warst also auf Zukunft bedacht, bei deiner Suche?? meint er. Ich bestätige es ihm nickend.
?Das Bad wird Madikwe gefallen!? fährt Herr Inkosi lächelnd fort. ?Schon allein die Größe von etwa zwei mal drei Metern??
Ich habe früh von Herrn Berlin auf der Arbeit im Amt das marsianische Maßsystem erklärt bekommen. Da Wasser das Kostbarste auf dem Mars ist, leitet sich das Maßsystem von seinen Eigenschaften ab: Ein Liter hat auf dem Mars die Kantenlänge von 13,855 irdischen Zentimetern. Also hat man den marsianischen Zentimeter auf ein Zentel dieser Länge festgelegt. Daraus folgt, dass ein marsianischer Meter etwa 1,39 irdischen Metern entspricht. Also redet Herr Inkosi von einem Raum, der etwa drei mal vier Meter nach irdischen Maßstäben groß ist.
Anschließend fragt er noch, wie ich die vergangenen Wochen erlebt habe und es entwickelt sich ein Smalltalk, der bis in den frühen Abend dauert. Dann meint Herr Inkosi, dass sie ?langsam? aufbrechen müssten, da noch etwas vorzubereiten wäre für morgen. Ich begleite sie bis zur Rikscha und trage ihnen die gläserne Skulptur. Sie hat ja doch ein gewisses Gewicht. Dort unten verabschieden wir uns herzlich bis auf den nächsten Tag.

*