Samstag, 26. Dezember 2020
IWIPAPA - Stamm der Mutter Erde - 28
Der Mann wendet sich mir zu. Seine Stirn liegt in Falten. Dann aber glättet sie sich wieder und er tritt nahe an den Käfig heran, um sich bei mir auf dem Boden nieder zu lassen. Die beiden Frauen sind ihm gefolgt und lassen sich nun ebenfalls rechts und links neben ihm nieder.
„Du weißt, dass dir verboten wurde zu reden!“ sagt er.
Sein Gesicht zeigt dabei keinen strengen, sondern eher milden Ausdruck.
„Ich weiß,“ antworte ich und schaue zu Boden. „Aber ich weiß mich noch nicht anders auszudrücken. - Ich verspreche auch, nicht neugierig zu sein! – Aber wenn LELE geht, fühle ich mich einsam…“
Der Mann lacht kurz und streckt seine Hand durch die Stäbe. Er beginnt, mir über die Wange zu streicheln. Ich wende meinen Kopf und drücke meine Lippen in seine Handfläche.
„LELE und RAKA‘U werden zusammen mit mir täglich ein paar Stunden hier sein. Freunde dich aber ruhig auch mit RA’A und HETU’U an. Die beiden wohnen hier und sind daher ständig in deiner Nähe. – Noch eins: Niemand will dir hier etwas Schlimmes antun! Deine sexuelle Selbstbestimmung bleibt weitgehend erhalten. Das war einmal anders, aber heute darfst du weitgehend selbst entscheiden, mit welchem Mann du Sex hast.
In diesem Haus bringt man dir alles bei, was du für dein weiteres Leben auf dieser Insel wissen musst. Eine Rückkehr in dein früheres Leben ist nicht möglich! Sein also lernbegierig, gehorche und schaue dir von RA’A und HETU’U ab, was sie dir zeigen!“
Ich höre ihm zu und genieße sein Streicheln. Als er jetzt endet, schaue ich ihn sehnsüchtig fragend an.
„Du möchtest etwas sagen? Gut, du darfst jetzt sprechen!“ sagt der Mann nun.
„Herr, ich darf ablehnen, mit jemandem Sex zu haben?“ frage ich gedehnt und schaue ihn zweifelnd an.
„Ja,“ antwortet der Mann mit sanfter Stimme. „Hier im Haus stehst du unter dem Schutz des Hausherrn. Der Zweck deines Aufenthaltes hier ist es, zu lernen. Kann man dir nichts mehr beibringen, kommst du in den Haushalt eines anderen Mannes, wo du den Rest deines Lebens wohnen wirst. Irgendwann wirst du fremde Männer sehen, die dem Unterricht folgen. Es sind Interessenten. Aus diesen Männern such dir einen aus, aber lass dir Zeit dabei! Schau dir die Männer genau an: Wie sie sich bewegen, ihr Mienenspiel, wann sie lachen, in welcher Situation sie ärgerlich werden… Dazu darfst du sie ruhig neckisch herausfordern!“
Er streicht mir noch einmal durchs Haar, dann erhebt er sich und entfernt sich in Richtung des Weges, auf dem LELE und die anderen mich hierher geführt haben. Bald danach ist er im Wald verschwunden. Schließlich lege ich mich wieder auf die Decke und döse vor mich hin. Mein Hunger wird immer stärker.

*

Der Kahuna hat meinen Lehrplan erstellt, den dann die Jungs, die hier Poki tane heißen, ausgeführt haben. Regelmäßig lässt sich der Kahuna über meine Fortschritte unterrichten, und die der anderen Frauen, die noch hinzu gekommen sind. LELE und RAKA‘U bringen im Durchschnitt jeden Tag eine weitere Frau aus dem Wald zur Schule. Es sind auch schonmal zwei. Genauso kommt es vor, dass sie ein oder zwei Tage keine Frau aus dem Wald bringen. Diese Frauen sind viel sensibler als ich, habe ich das Gefühl. Sie können sich jedenfalls viel besser als ich verständigen ohne zu sprechen. Im Wald muss man sich wohl still verhalten.
Hetu‘u und RA‘A - insbesondere RA‘A - sind ebenfalls geduldige Lehrmeister. Jeden Tag üben sie stundenlang mit mir die Gestik und Mimik, über die man sich tonlos mitteilt. Ich stelle bald fest, dass ich die Gestik und Mimik benutze, ohne darüber nachzudenken. Ich lerne wie ein Kind auf direktem Weg ohne dass mir jemand wortreich erklärt, was die Gesten und die gezeigte Mimik bedeuten. Zuerst ist meine Ausdrucksweise noch nicht besonders gut, aber RA‘A hilft mir. Die Anzahl der Gesten und Mimik weitet sich langsam aus, so dass ich mich bald ganz gut ausdrücken kann.
Die Poki tane des Kahuna bringen uns die Kommandos bei, die wir beherrschen müssen, wenn wir einen Herrn bekommen. Diese Kommandos erfolgen sprachlich, aber auch über Gesten. Dann wird ein Wettbewerb veranstaltet. Wir müssen alle im Wald jagen, sodann leichte Wagen ziehen und andere Tätigkeiten ausführen. Bei diesem Wettbewerb sehe ich erstmals fremde Männer unterschiedlichen Alters als Zuschauer. Sie spornen uns an und sind auch bei der Bewertung dabei.
Nach diesem Wettbewerb werden wir in verschiedene Gruppen eingeteilt. Dann werden wir in der Tätigkeit trainiert, bei der wir während des Wettbewerbs am besten abgeschnitten haben. Eine kleine Gruppe wird zu ausgedehnten Spaziergängen über die Insel mitgenommen, wobei die erlernten Kommandos vertieft werden. Zu dieser Gruppe werde auch ich hinzu genommen. So lerne ich einen Mann zu begleiten und meine Aufmerksamkeit auf seine Gesten zu richten.
Ich lerne dadurch die Insel sehr genau kennen, und doch kommt es mir vor, als entdecke ich täglich neue Gegenden. Dabei auch noch auf den Poki tane zu achten, strengt ziemlich an. Abends bin ich daher oft so müde, dass ich schnell eingeschlafen bin.
Bei diesen Exkursionen ist immer ein anderer der fremden Männer dabei. Ich erinnere mich, dass der hellhäutige Mann, der tatsächlich oft im Haus des Kahuna zu Besuch ist, mir einmal gesagt hat, ich solle mir die Männer anschauen und genau beobachten, um mir meinen späteren Herrn daraus aussuchen zu können – einen, zu dem ich Zutrauen fassen, in den ich mich vielleicht verlieben könnte. Dabei fasse ich manchmal auch den Mut, diesen oder jenen Mann zu necken.
Einem jüngeren Mann mit martialisch aussehender Tätowierung ramme ich dabei so überraschend meine Schulter in seine Kniekehle, dass er umstürzt. Von der Wirkung meines Tuns bin ich selbst so erschrocken, dass ich ihn erst mit aufgerissenen anstarre.
Er hat sich als Erster wieder gefangen und rappelt sich lachend auf. Dass er es mir nicht übel zu nehmen scheint, weckt mich aus der Starre und ich gehe nahe an ihn heran, als er noch auf dem Waldboden sitzt. Ich beginne nun seine Brust abzulecken. Zuerst schiebt er mich schwach weg, dann lässt er es geschehen, bis der Poki tane mich mit einem Kommando zu sich ruft. Nun rappelt sich der junge Mann vollends auf und der Poki tane übernimmt wieder die Führung. Den Rest des Weges suche ich des Öfteren die Nähe des jungen Mannes in unserer Begleitung und reibe ab und zu meine Wange oder meine Schulter an seinem Bein, was dieser mit Streicheln quittiert.