Donnerstag, 17. Dezember 2020
IWIPAPA - Stamm der Mutter Erde - 19
LELE stupst die Nuss ihrerseits an, als sie an ihr vorbeirollt und schaut aus der Spielverbeugung die beiden Wahine aufmerksam an. RAKA‘U kommt näher, umgeht dann aber die Gruppe der fremden Wahine und platziert sich dahinter. Die Nuss rollt der am nächsten stehenden Wahine vor die Füße und bleibt schaukelnd liegen. LELE kommt näher und gibt der Nuss einen weiteren Stups, da die beiden Wahine sich nicht rühren.
Die Nuss rollt gegen die ‚Vorderbeine‘ der einen Wahine und bleibt wieder liegen. RAKA‘U hat sich dazwischengedrängt und stupst die Nuss zu LELE zurück, die nun wieder die andere Wahine zum Spielen auffordert, indem sie die Nuss dorthin stupst. Diese Wahine hat sich ein Herz gefasst, nach einem schüchternen Blick in die Runde, und stupst die Nuss mit einem ‚Vorderbein‘ zurück. RAKA‘U nimmt sie und stupst sie wieder zu LELE hin, die sie nun wieder in Richtung der ersten Wahine stupst.
Jetzt scheint auch diese Wahine ihre Scheu verloren zu haben. Es entwickelt sich ein Stupsen im Kreis, von einer zur anderen Wahine. Dabei strecken meine Wahine immer mal wieder ihre ‚Vorderbeine‘ durch und beugen sie wieder, so dass sie die Spielverbeugung immer dann vorführen, wenn sie die Nuss zur Nächsten weitergeben. Nach kurzer Zeit haben die anderen Wahine die Geste und ihre Bedeutung erkannt und führen sie ebenfalls aus.
„Lass deine Wahine unten im Gehege in ihrer Freizeit spielen, indem sie sich irgendwelche Gegenstände zuspielen. Achte dabei auf ihre Körpersprache!“ empfehle ich dem Kahuna. Dann sage ich:
„LELE, ZU MIR!“
Lele kommt heran und ich nehme ein Stück Leder, das ich wie einen Knochen geformt habe aus dem Beutel. Ich stehe auf und gebe ihn ihr in den Mund. Dann fasse ich ihr Halsband mit einem Finger und führe LELE nahe an RAKA‘U vorbei. Die drei anderen Wahine haben in der Zwischenzeit ihr Spiel unterbrochen, um aufmerksam zu schauen, was ich mache.
Als ich mit LELE an RAKA‘U vorbeikomme beugt sie ihre Ellbogen und schaut zu LELE hoch, die jedoch den ‚Knochen‘ nicht abgibt. Ich drehe nach wenigen Metern und gehe zurück, wieder dicht mit LELE an RAKA‘U vorbei. Diesmal bleibe ich stehen, halte LELE auf und ziehe kurz am Halsband. Unwillkürlich lässt LELE den ‚Knochen‘ vor RAKA‘U fallen, die sich wieder in der Spielverbeugung befindet. Sofort grabscht RAKA‘U danach und kommt auf alle Viere hoch. Sie zeigt mit leuchtenden Augen und breiten Mundwinkeln ihre „Eroberung“ vor.
Ich streiche sanft über LELEs Wange. Sie schaut zu mir auf und ich zeige auf RAKA‘U. Dabei sage ich mit sanfter Stimme in meiner Heimatsprache: „LELE, hole es dir zurück!“
Da ich LELE und RAKA‘U die Kommandos in meiner Heimatsprache beigebracht habe, versteht LELE jetzt nur so etwas wie „HOLö blablabla“. Sie kann aus meinem Satz das Kommando HOL herausfiltern. Außerdem weiß sie, dass ich sie meine, da ich ihren Namen genannt habe und sie anschaue.
Sie läuft also zu RAKA‘U hin, die den ‚Knochen‘ nicht so schnell wieder abgibt, wie ich weiß. LELE macht erst sie Spielverbeugung dicht vor RAKA‘U, die nun ein „CHRRRRR“ zwischen den Zähnen hervorquetscht und steile Stirnfalten bekommt.
LELE schaut sich nach mir um. Ich nicke ihr aufmunternd zu. Dann blickt LELE RAKA‘U aus der Spielverbeugung von unten herauf an und macht dasselbe Geräusch bei geschlossenem Mund, während sie sich RAKA‘Us Mund mit dem ‚Knochen‘ immer mehr annähert. RAKA‘U geht jetzt ebenfalls in die Spielverbeugung. Als beide mit ihren Köpfen auf gleicher Höhe sind, lässt RAKA‘U den ‚Knochen‘ fallen und beide ‚knurren‘ nun Wange an Wange in der Spielverbeugung.
Ich sehe, dass der Kahuna und die Poki tane mich anschauen, während die anderen Wahine auf LELE und RAKA‘U schauen. Ich stehe wieder auf und nehme einen zweiten ‚Knochen‘ aus meinem Beutel, den ich LELE gebe. RAKA‘Us ‚Knochen‘ hebe ich auf und gebe ihn ihr in den Mund. Dann setze ich mich wieder lächelnd zum Kahuna und nehme einen Schluck Kawa kawa aus meinem Becher.
Danach schaue ich mich wieder zu der Gruppe Wahine um. Die Beiden des Kahuna haben das Spiel mit der Kokosnuss wieder aufgenommen, während meine Beiden dasitzen und die Knochen zu bewachen scheinen, die nun vor ihnen auf dem Boden liegen.
„Wir sollten nicht zu viele Lektionen auf einmal bringen,“ sage ich zu meinem Gegenüber. „Die Spielverbeugung reicht für heute. Vielleicht sollten wir die beiden nach unten ins Gehege bringen und zwei Andere hochholen, um mit denen das Gleiche noch einmal zu machen. Das wiederholen wir, bis es alle deine Wahine kennen. Möglicherweise kannst du danach beobachten, wie sie miteinander im Gehege spielen und dabei die Geste zeigen.“
„Diese Geste zeigen in deiner Heimat die vierbeinigen Hausgenossen in der gleichen Situation?“
„Ja, das nennen wir die ‚nonverbale Kommunikation‘ mit der sie sich untereinander und mit uns verständigen. Da sie ohne Worte auskommt, nur aus Gesten besteht, ist sie universell.“
„Okay,“ – er wendet sich an den Poki tane, und dieser führt die beiden Wahine über die Rampe nach unten, um wenig später mit zwei Neuen wieder oben zu sein – „dann zeig es nun diesen Beiden.“
Ich gehe zu LELE und RAKA‘U und nehme ihnen die ‚Knochen‘ und die Kokosnuss ab. Beide stehen auf und folgen mir. Ich wende mich zu ihnen um, nachdem ich die ‚Knochen‘ in den Beutel zurückgelegt habe und zeige ihnen die Kokosnuss. Beide gehen sofort in die Spielverbeugung. Die beiden Neuen schauen interessiert, was geschieht.
Nun rolle ich die Kokosnuss in Richtung RAKA‘U. Sie stoppt die Nuss, stupst sie an und lässt sie zurückrollen. LELE schaut zu mir und ich nicke ihr zu. Sie nähert sich der rollenden Nuss und stupst sie in Richtung einer der anderen Wahine. Sie stoppt die Nuss zwar, weiß aber nicht, was sie damit machen soll und schaut nun zum Kahuna hinüber.
In dieser Pause gebe ich RAKA‘U einen Schubs und sie läuft zu der Nuss und stupst sie zu LELE hin. So machen es beide eine Weile. Die beiden anderen Wahine schauen kurze Zeit zu, dann machen sie mit, indem sie der Nuss eine andere Richtung geben, sobald sie an ihnen vorbei rollt. Bald haben auch diese Wahine die Bedeutung der „Spielverbeugung“ raus und zeigen Spaß an dem Spiel.
Ich lasse die vier Wahine eine Weile spielen. So unbeschwert sind die Wahine in der Schule anscheinend selten. Dann lasse ich den Kahuna die Mitspielerinnen wieder tauschen, bevor Langeweile aufkommt.
„Gebt den Wahine unten im Gehege ruhig eine Kokosnuss zur Beschäftigung,“ rate ich dem Poki tane, der die Wahine hinauf und hinunter führt.