Nicci (16)
Bald ist Peter in der Küche fertig und deckt den Tisch. Ich beobachte ihn dabei. Was er genau macht, kann ich aus meiner Position heraus nicht erkennen. Schließlich beugt er sich herunter und stellt einen gefüllten flachen Teller neben seinen Platz auf den Boden. Ich stehe auf und komme auf allen Vieren neugierig näher. Ja, das sieht lecker aus! Ich schaue zu Peter auf. Er lächelt mich aufmunternd an und sagt:
„Guten Appetit, Nicci!“
Dann beginnt er zu essen und auch ich mache mich darüber her, was er zubereitet hat.
Zwischendurch recke ich mich zu ihm hoch und er hat gleich die Flasche in der Hand, aus der ich einen Schluck nehme, um dann weiter zu essen. Als der Teller leer ist, nimmt er ihn hoch. Am Ton kann ich erkennen, dass er beide Teller aufeinanderstellt. Dann kommt er mit der Hand über die Tischplatte und hält mir einen Löffel Erdbeerpudding hin, den ich mit Genuss leer schlecke. Das macht er mehrmals, bis auch der Nachtisch verputzt ist.
Nun steht Peter auf und beginnt, den Tisch abzuräumen und die Sachen in die Küche zu bringen. Einmal muss er dazu über mich hinweg steigen, da ich ihm im Weg stehe. Aber er ist nicht böse deswegen! Auf dem Rückweg zum Esstisch sagt er allerdings „Nicci, DECKE!“ zu mir.
Sofort ziehe ich mich zurück und lege mich wieder in die Zimmerecke. Von dort beobachte ich sein Tun weiter.
Als er in der Küche fertig ist, kommt er ins Wohnzimmer zurück und setzt sich auf die Couch. Er schaut zu mir in die Zimmerecke und meint:
„Morgen musst du um die Mittagszeit schon fahren. Ich bringe dich früh genug zum Bahnhof. Wir frühstücken morgen früh wie zwei Menschen auf Augenhöhe miteinander. Danach wollte ich mich gerne mit dir über deine Eindrücke unterhalten, die du während des Wochenendes gewonnen hast, bis es Zeit ist zu fahren.
Heute Nachmittag ist noch Zeit, dich ins Kommandotraining ‚hineinriechen‘ zu lassen. Dann hast du aber immer noch nicht alles kennen gelernt, was das Dogplay ausmacht. Da gibt es noch das Dog-Swimming, das Dog-Agility, irgendwann vielleicht Dog-Dancing, und natürlich die Spiele mit Ball, Gummi-Knochen und anderem Spielgerät.“
Ich stemme mich hoch und frage ihn:
„Was ist denn Dog-Dancing?“
„Dafür bräuchten wir wohl einen Choreografen, dem das Dogplay nicht ganz fremd ist. Die Kommandos aus dem Kommandotraining können verbal oder nonverbal, also als Gesten kommen. Dann wird bei Musik eine Reihenfolge von Gesten ausgearbeitet, die du dann entsprechend der Kommandos, die die Gesten ausdrücken, in eine Bewegungsfolge umsetzt. Wir würden dann gemeinsam auf einer Bühne stehen und du bewegst dich laut Kommandos um mich herum und durch meine Beine. Andere Paare machen das auch und eine Jury bewertet dann die Paare – genau wie beim Paartanz.“
‚Oh,‘ denke ich mir und frage: „Und was bedeuten die anderen Ausdrücke?“
„Dog-Agility ist spielerischer Wettkampf unter mehreren Doggies. Es geht über einen Hindernis-Parcours, durch Reifen, einen weiten Schlauch, rechts und links an Hütchen vorbei. Das kann man auch als Mannschaftswettkampf machen. Dann bilden Doggie und Owner ein Team. Der Owner bleibt dabei neben seiner Doggie. Er muss nicht durch die Sportgeräte. Aber er kann seiner Doggie verbal helfen.“
„Und Dog-Swimming?“
„Wenn du die menschlichen Schwimmstile mit denen aus dem Tierreich vergleichst, dann ähnelt der normale Schwimmstil dem von Fröschen. Hunde halten ihre Gliedmaßen unter dem Körper und rudern. Wenn du das jetzt einfach so mal nachmachen willst, tauchst du ab… Dog-Swimming lernen geht also eher von ‚unter Wasser‘ nach oben. Der Schwimmstil ähnelt entfernt dem Kraulen. Auch das will geübt sein.“
„Hm,“ brumme ich und schaue Peter skeptisch an.
„Ein guter Herr kümmert sich ständig um seine Doggie. Nicht nur, dass er sich ihre Angelegenheiten zu eigen macht und Dinge in ihrem Sinne regelt, auch wendet er seine komplette Freizeit auf, um sich mit seiner Doggie zu beschäftigen. Du siehst aber auch, dass das kein Problem ist, wenn man es ernst meint: Mit Dog-Agility, Kommandotraining, Dog-Swimming, aufgelockert mit Spielen und ihr Zeit geben, sich frei zu bewegen, geführt durch ihre spontanen Gefühle – vielleicht mal Dog-Dancing, Dogplay-Events… Da gehen die Freizeiten schnell herum.“
„Ein Herr im Dogplay benutzt seine Doggie nicht zur Befriedigung seiner Lust?“ frage ich atemlos, gespannt, was er mir jetzt antwortet.
„Das kommt darauf an, welchen Hintergrund der Herr hat, Nicci,“ antwortet Peter. „Ist er ein Sado-Dom, sieht er in dir eine dev-maso ‚Sklavin‘. Er nutzt dann den Vierfüßler-Gang, um dich zu demütigen. Dev-maso Frauen erregt das! Er wird Befehle heraus’bellen‘, dich fesseln und dich benutzen wie einen Gegenstand…
Dann gibt es Petplayer, die wollen nur in die Rolle eines Hundes zum Beispiel – oder eines anderen Tieres – schlüpfen und es erregt sie, so zu tun, als wären sie dieses Tier. Vor dem Spiel ziehen sie sich eine Tiermaske an und ein Kostüm aus Leder oder Latex, oder auch aus Kunstfell. Diese Leute interessiert die sexuelle Seite kaum bis gar nicht.
Wenn sich dagegen Owner und Pet mögen, vielleicht gar ineinander verlieben, dann wäre asexuelles Spiel quasi nicht möglich. Es kommt zum Austausch von Zärtlichkeiten bis hin zum einvernehmlichen Geschlechtsverkehr. Hier lässt man zumeist jegliches Kostüm weg, außer man trifft noch unbekannte Leute, die man noch nicht einschätzen kann.“
„Bis jetzt durfte ich Top und Jogginghose anbehalten, bis heute. Heute hattest du mir erlaubt einen Bikini zu tragen…“
Peter grinst mich jungenhaft an.
„Heute bist du ja auch mit Wasser in Kontakt gekommen. - Ich möchte dir die Entscheidung überlassen, wann du soviel Zuneigung und Vertrauen spürst, dass du die Kleidung ganz weglässt.“
„Du möchtest also weder ein Domsad mir gegenüber sein, noch möchtest du Petplay mit mir machen, ohne dass Gefühle zwischen uns wachsen. Du magst mich und möchtest gerne dein Leben mit mir teilen?“
Ich weiß es schon, aber es ist etwas anderes, es auch aus seinem Mund zu hören. Peter steht von der Couch auf und setzt sich neben mich auf die Decke. Er schaut mir in die Augen und sagt einfach nur:
„Ja.“
Dabei nimmt er mich in den Arm. Ich umarme ihn ebenfalls und flüstere ihm ins Ohr:
„Du bist mein Traummann, Lieber!“
Dann küsse ich ihn auf den Mund und meine Zunge drängt zwischen seine Lippen. Er geht darauf ein und bald versinkt die Welt um uns herum. Als ich wieder auf die Wohnzimmer-Uhr schaue, sind die Zeiger eine Dreiviertel-Stunde weiter gerückt. Wir liegen entspannt nebeneinander auf der Decke und schauen beide träumend, noch gefangen von den Ereignissen, gegen die Zimmerdecke.
„Ich werde morgen nach Hause fahren und meine Arbeitsstelle fristgerecht kündigen. Das heißt, dass ich in zirka fünf Wochen zum Monatsende meinen letzten Arbeitstag haben werde…“ sage ich in die Stille hinein.