Nicci (22)
Am nächsten Morgen – es ist Sonntag, der Tag, an dem Peter wieder nachhause fährt – hilft mir Peter in der Küche beim Frühstück bereiten. Er hält sich zurück, lässt mich machen, und schaut, wo er mir behilflich sein kann. So trägt er im Grunde nur die Sachen hinüber zum Frühstückstisch. Er sagt auch nichts dazu, dass ich zwei Tassen, Brettchen und Messer aus dem Küchenschrank nehme. Er deckt den Tisch übereck und wartet, bis ich mich gesetzt habe. Dann setzt er sich auf den freien Platz.
"Wie fandest du mich beim Kommandotraining gestern?“ frage ich ihn nach den ersten Bissen.
Er schaut mich lächelnd an und antwortet:
„Du wirst immer besser! Gestern hatte ich streckenweise den Eindruck, dass du ganz in deiner Rolle aufgegangen bist und alles andere um dich herum vergessen hast.“
Ich beuge mich seitlich zu ihm und berühre seinen Oberarm mit meiner Schulter. Spontan hebt er seinen Arm und legt ihn mir um die Schultern. Ich schaue zu ihm auf und meine:
„In deiner Gegenwart fühle ich mich geborgen. Alles andere wird unwichtig!“
Er beugt sich nun zu mir und gibt mir einen Kuss auf den Mund.
„Vor Allem würdigst du mich nie zum Sexspielzeug herab!“ bricht es aus mir heraus. Da hat sich wohl etwas Bahn gebrochen, was seit Jahren unter der Oberfläche meine Seele brodelte.
Peter drückt mich fester. Sanft entgegnet er:
„Du bist für mich das wichtigste Lebewesen auf dieser Welt! - Ich glaube, das habe ich schon einmal gesagt. Du bist für mich kein Gegenstand, mit dem man spielt und dann wieder zur Seite legt! Kerle, die den Sex überbewerten, quasi zu ihrem Lebensinhalt machen, erfahren niemals die Tiefen einer engen Beziehung, die auf Gefühlen beruht.
Sex ist KEIN Lebensinhalt im Zusammenleben, sondern die schönste Nebensache der Welt, wenn Vertrauen und Zuneigung auf beiden Seiten vorhanden ist!“
Wir frühstücken eine Weile stumm, während ich über seine Aussage grübele. Was er da gesagt hat, lebt Peter auch. Er lässt es mich immer wieder spüren, wenn wir zusammen sind. Inzwischen habe ich überhaupt keine Furcht vor der gemeinsamen Zukunft mehr, auch wenn das bedeutet, dass ich alle Brücken hinter mir abbreche und in eine neue Umgebung ziehe; auch wenn das bedeutet, dass ich erst einmal keine Arbeitsstelle habe und sicher sehnsüchtig auf seinen täglichen Feierabend in der Woche warte. Als wir fertig gefrühstückt haben, fällt mir wieder etwas ein:
„Warum lässt du mich in meiner Rolle nicht aus einem normalen Hundenapf essen?“ frage ich.
„Echte Hunde haben eine vorspringende Schnauze,“ erklärt er mir geduldig und bleibt am Tisch sitzen. „Feste Nahrung aus der Dose lässt sich besser in einer Schüssel servieren. Damit die Schüssel nicht umstürzt hat sie den Rand bekommen und schon war der Napf geboren. Die vorspringende Schnauze passt in die Tiefen der Schüssel… Zum Trinken verformen Hunde ihre Zunge löffelartig und schlabbern die Flüssigkeit auf.
Als human Doggie muss ich auf deine menschliche Anatomie Rücksicht nehmen. Darum bereite ich dir die feste Nahrung mundgerecht vor und serviere sie auf einem flachen Teller, damit du sie mit dem Mund aufnehmen kannst. Aus dem gleichen Grund bekommst du Flüssigkeiten von mir aus einer Flasche.
Andere Owner mögen das anders durchführen, und auch Single-Doggies, die zuhause für sich allein ins Dogspace abtauchen… Die Doggies müssen danach allerdings ihr Gesicht säubern, das fettig und nass geworden ist und trieft. - Auch deren Nase wird wohl mehr abbekommen als der Mund,“ ergänzt er noch zwinkernd.
Dann steht er auf und beginnt alles auf dem Tisch zusammen zu stellen. Ich erhebe mich ebenfalls und zusammen räumen wir den Tisch ab. Anschließend schaut Peter kurz zur Uhr hoch. Wir sind spät aufgestanden und haben in Ruhe gefrühstückt. Nun haben wir Vormittag und Peter runzelt die Stirn.
„Ich muss wohl allmählich fahren, Liebes…“ meint er.
„Oooooch…“ mache ich und hänge mich liebkosend an ihn.
Er lässt es geschehen, so dass es zu einer leidenschaftlichen Liebkosung kommt, in deren Verlauf er mich anhebt und vorsichtig auf meiner Couch ablegt. Er setzt sich neben mich, über mich gebeugt und streichelt mich überall, so dass mich ein Kribbeln davon zu schwemmen droht. Schließlich setzt er sich auf und zieht mich mit hoch.

*

Peter hat sich bereit erklärt, zwei Wochen auf mich zu warten bis wir uns wiedersehen. Dieser Rhythmus kommt meinen Finanzen entgegen, und wir sind ja nicht aus der Welt an den Tagen dazwischen. Täglich bekomme ich ‚Guten-Morgen‘- und ‚Gute-Nacht‘-Grüße von ihm über Whats app, und während meiner Freizeit hat er immer ein offenes Ohr für meine Sorgen und Probleme. Peter nimmt auf diese Art an meinem Alltag teil. Mir kommt es beinahe so vor, als säße er neben mir.
Nun sitze ich wieder im Zug. In einer halben Stunde hält er am Zielbahnhof. Peter hat mir gerade versichert, dass er losfährt. Jetzt kann ich nicht mehr mit ihm reden, damit er nicht vom Verkehr abgelenkt wird.
Schließlich hält der Zug mit quietschenden Bremsen in dem Provinzbahnhof. Nur ein weiterer Fahrgast steht an der Waggontür. Ich lasse ihn vor und steige nach ihm aus. Ich schaue erwartungsvoll den Bahnsteig hinauf und hinunter. Außer mir befinden sich nur noch vier andere Reisende hier – und Peter, der freudig lächelnd auf mich zu eilt.
Ich lasse die Reisetasche zu Boden gleiten und umschließe Peters Hals. Um ihm einen Begrüßungskuss geben zu können, muss ich auf die Zehenspitzen steigen. Er umfasst mich unter den Achseln und erwidert den Begrüßungskuss. Dann lässt er mich los und bückt sich wie selbstverständlich nach meiner Reisetasche. Diese Eigenart habe ich schon mehrfach an ihm bewundert. Soviel habe ich nicht darin, dass ich mich mit der Tasche abmühen müsste. Einem jüngeren Mann würde es niemals einfallen, der Frau die Tasche zu tragen…
Wir gehen durch das hölzerne Gattertor neben dem kleinen Bahnhofsgebäude auf den Parkplatz, an dessen Rand auch die Überlandbusse halten, die die Bahn mit den umliegenden Orten verbinden. Peter steuert seinen Wagen an, stellt die Tasche auf den Rücksitz und lässt mich einsteigen. Dann wartet er bis ich mich angeschnallt habe. Ein kurzer Kuss, dann startet er den Wagen und verlässt den Parkplatz.