Nicci (37)
Wir steigen aus und beeilen uns das Bauernhaus zu erreichen, denn es regnet gerade. Ich betätige die Klingel und kurz darauf öffnet uns eine Frau, nur wenig älter als ich.
„Hallo,“ begrüßt sie uns freundlich lächelnd und macht den Eingang frei.
Wir treten ein und befinden uns in einem Vorraum. Sie weist in einen großen Raum nebenan. Durch die offene Tür sehe ich einige Tische und Stühle im Landhausstil. Die Frau meint:
„Setzt euch erst einmal.“
Wir betreten den Raum, hängen unsere nassen Jacken an die Garderobe und setzen uns an einen Tisch in Fensternähe.
„Darf ich euch etwas bringen?“ fragt sie nun. „Kaffee, Tee, Cappu…“
Eigentlich haben wir lange genug gesessen auf der langen Fahrt und ich brenne darauf, die Möglichkeiten auszuloten, die sich uns hier bieten. Aber einen Tee würde ich gerne trinken. Ich schaue Lena und Markus an und wir bestellen jeder ein Getränk.
Ich kann es nicht lassen zu bemerken:
„Kuschelig warm habt ihr es hier…“
„Muss sein – bei dem Wetter draußen,“ antwortet die Frau lächelnd und verschwindet schnell durch eine Tür hinter der Theke.
Als sie wenig später mit den Getränken an unseren Tisch kommt, frage ich die Frau:
„Wir sind ja eigentlich gekommen, um eine Fotosession zu veranstalten – Sie wissen?“
Sie nickt und sagt kurz:
„Ich weiß…“
„Außenaufnahmen im Wald kann man bei dem Wetter vergessen…“ stelle ich nun fest.
Sie zieht die Stirn in Falten und hebt die Schultern leicht an.
„Ja, wenn Schnee mit auf das Bild soll, wären Dezember/Januar besser geeignet. Aber ihr könnt gerne einen der Räume so dekorieren, wie ihr das braucht!“ antwortet sie.
„Das Angebot nehmen wir gerne an! Sagen Sie - oder dürfen wir uns duzen? – Dieser Hof hier… Seit wann wird hier Petplay praktiziert?“
„Ihr habt erst von Andy erfahren, dass es uns gibt?“ fragt sie zurück und setzt sich zu uns. „Ja, Petplay wird hier schon länger gelebt – privat in der Freizeit. Die Freundin des Hofbesitzers hat ihn darauf gebracht… Später lernte sie meinen Freund im Chat kennen. In den Gesprächen über die gegenseitigen Erfahrungen kam heraus, dass die Viehwirtschaft quasi den Bach runter ging. Mein Freund hat die Beiden dann darauf gebracht, sich umzuorientieren. Seitdem existiert das Heuhotel und dieses Café – und hinten heraus gleiches für Petplayer. Seitdem arbeiten wir zu Viert auf dem Hof. Inzwischen würden wir gerne weitere Mitarbeiter einstellen… Die sollten dann allerdings aus der Petplayer-Szene kommen!“
„Ja? Läuft das so gut hier?“
Ich bin erstaunt.
„Im Sommer haben wir viele Touris vorne, meist Radwanderer auf dem Hunsrück-Höhenweg,“ erzählt sie uns. „Wanderer und Ausflügler aus der Umgebung nutzen außerdem das Café zum Pausieren. Jetzt in der Jahreszeit ist kaum etwas los! Das Petplay-Segment muss erst noch bekannt werden. Da wären wir euch verbunden, wenn ihr eure Eindrücke hier unter euren Bekannten aus der Szene verbreiten würdet…“
„Das werden wir bestimmt,“ bestätige ich ihr gern. „Dürfen wir dann mal unsere Zimmer sehen?“
„Aber gern!“ entgegnet sie und erhebt sich.
Auch wir stehen auf. Sie geht auf die Theke zu, umrundet sie und führt uns durch die Tür dahinter. Erstaunt stelle ich fest, dass sie uns in die Küche geführt hat. Dann öffnet sie eine weitere Türe rechter Hand und nun stehen wir in einem Treppenhaus. Ich will schon auf die Treppe nach oben zugehen, aber sie geht auf die Außentür linker Hand zu, über der ein halbkreisförmiges Fenster Licht ins Treppenhaus wirft.
„Lasst ihr die Gäste immer durch die Küche laufen?“ frage ich spontan.
„Wir wollen halt nicht, dass die Normalos vorne mit den Pets hinten in Kontakt kommen,“ antwortet sie als Erklärung.
Das Argument ist für meinen Begriff etwas schwach, aber höflicherweise gehe ich darauf ein.
„Das wäre auch nicht gut,“ stimme ich ihr zu. „Ich stelle mir aber gerade vor, hier ein Event zu veranstalten, und Dutzende würden dann durch die Küche laufen…“
„Darüber haben Peter und Bernd auch schon nachgedacht,“ meint sie. „Ihr habt sicher die Weggabelung am Hofeingang gesehen? Da stellen die Männer dann ein Hinweisschild hin, der zum Parkplatz außen neben den Gebäuden führt. Dann wird auch hinten ein Tor geöffnet. – Der Aufwand ist ihnen halt für einzelne Petplayer zu groß.“
Sie öffnet die Außentür, und im gleichen Moment kommt uns ein Mann entgegen, der wohl gerade das Haus betreten will.
„Ah,“ sagt dieser lächelnd. „Da seid ihr ja schon. Ich bin Peter.“
Peter begrüßt jeden einzelnen von uns mit Handschlag. Ich lächele ihn an und stelle uns vor:
„Hallo, ich bin die Silke. Und das sind Lena und Markus.“
„Habt ihr kein Gepäck?“ fragt er nun.
„Doch,“ bestätige ich seine Gedanken. „Wir haben es erst einmal im Auto gelassen. Wir wollten zuerst die Location kennenlernen.“
Mein Gesprächspartner grinst breit und sagt:
„Markus kann den Wagen an das Tor dort hinten fahren. Von dort braucht ihr eure Ausrüstung nicht durch das Haus schleppen!“
„Das finde ich nett!“ antworte ich erfreut und nicke Markus zu.
Peter weist mit ausgestreckter Hand quer über die Wiese zu dem mannshohen massiven Holztor, während wir ihm quer über die Wiese über vereinzelte Schieferplatten in Richtung auf den Eingang des seitlichen Anbaus folgen. Es ist ein zünftiges Blockhaus mit einem schmalen Fensterband über Kopfhöhe, einer normalen Eingangstüre und einem doppelflügeligen Tor. In der Etage darüber befindet sich ein durchgehendes schmales Fensterband.
Gleich hinter dem Eingang liegt wieder ein Treppenhaus. Aber er führt uns links in den ebenerdigen Gang hinein und öffnet eine der Zimmertüren auf der rechten Gangseite. Wir kommen in ein Zimmer mit Holzpanelen an Wände, Decken und Boden. Nach etwa anderthalb Metern liegt ein Baumstamm auf dem Boden von Seitenwand zu Seitenwand. Dahinter ist der Boden dick mit Stroh bedeckt und in der Rückwand befindet sich ein großes Fenster mit getönter Scheibe.
Peter ist wohl meinem Blick gefolgt. Er erklärt:
„Das ist Spiegelglas! Niemand kann hereinschauen, ihr aber hinaus.“
Ich mache „Ah“, und schaue mich weiter um. Rechts neben der Tür, wenn ich mich umdrehe, befindet sich ein Schrank. Links neben der Tür gibt es ein Waschbecken mit Spiegelschrank und Handtuchregal. Peter geht auf den Schrank zu und öffnet ihn. Er nimmt zwei zusammengerollte Pakete heraus und löst an einem die beiden Schnallen. Es entfaltet sich ein Schlafsack!