Nicci (44)
„Das ist eure Lebensphilosophie hier auf dem Hof?“ frage ich, nach kurzer Zeit der Stille.
Peter nickt.
„Danach leben wir,“ bestätigt er. „Unsere Doggies haben in ihrer Rolle genügend Raum ihre komplette Gefühlspalette sofort auszuleben. Sie schließen ihre Emotionen nicht in ihrem Herzen ein, weil es vielleicht gerade nicht opportun ist, sie herauszulassen!“
„Hm, das ist etwas völlig anderes, als was wir bisher gemacht haben,“ antworte ich.
Er nickt lächelnd.
„Ich weiß,“ sagt er. „Die moderne Spaßgesellschaft hat kein Interesse daran in die Tiefe zu gehen. Wer sich aber mal die Zeit dafür nimmt, kommt zu ganz erstaunlichen gedanklichen Ergebnissen! – Was anderes: Draußen ist ein Parcours aufgebaut. Es ist zwar kühl, aber trocken draußen. Die Abenddämmerung hat früh eingesetzt. In spätestens einer dreiviertel Stunde ist es dunkel.“
Er hebt die Stimme etwas, so dass Bernd und Markus aufmerksam werden, und redet weiter:
„Was haltet ihr davon, mit den Doggies im Team über den Parcours zu laufen bis es zu dunkel dafür ist?“
Bernd nickt. Markus schaut verständnislos, und ich bin gespannt, wie Peter das nun meint.
Er ruft Nicci zu sich und sagt:
„Ich mache es euch vor.“
Dann verlassen beide den Wintergarten. Wir hören ihn Kommandos rufen, während er neben Nicci her läuft. So schickt er sie diesmal links und rechts an den Hütchen vorbei, indem er ihr nach jedem zweiten Hütchen eine andere Richtung zuruft. Das Gleiche macht er an den Böcken: Er ruft im Wechsel HOPP oder LINKS, beziehungsweise RECHTS. Je nachdem, ob Nicci springen soll oder an der Seite mit den kurzen Beinen der Böcke vorbeilaufen soll. Als Nicci dann in den Tunnel kriecht, läuft er zum Ausgang und scheint sie aufzumuntern, schnell hindurch zu kriechen.
Als Beide zurück sind, stelle ich fest:
„Das war aber jetzt etwas anders, als heute Nachmittag…“
Peter grinst.
„Grundsätzlich muss es Regeln geben,“ erklärt er, „nach denen sich alle richten, damit die Durchläufe vergleichbar sind. Nur so kann ein Siegerteam ermittelt werden. Aber man kann die Regeln ändern ohne die Doggies vorher davon in Kenntnis zu setzen! Sie sollen sich schließlich nicht nach der Gewohnheit richten, sondern sich vom Owner führen lassen. Sonst könnte man die Meute loslassen und hier warten, wer zuerst zurück ist…“
„Okay,“ sage ich und nicke.
Bernd drängt nun mit Jasi an uns vorbei. Lena beobachtet die Beiden von der Tür des Wintergartens aus, und mir fällt auf, dass Bernd noch einen anderen ‚Kurs fährt‘ über den Parcour. Nachdem die Beiden zurück sind, sage ich das zu Bernd:
„Euren Durchlauf kann man jetzt aber nicht mit dem von Peter vergleichen…“
Bernd antwortet lächelnd:
„Es hat ja auch niemand die Zeit gestoppt. So gesehen ist ein Vergleich auch nicht möglich. Wenn du jetzt mit Lena über den Parcours laufen willst, gib die Kommandos intuitiv wie sie dir gerade in den Sinn kommen. Es ist heute ja kein Wettkampf, sondern Spaß.“
Wir machen noch ein paar Durchläufe, bis es richtig dunkel ist. Ich denke, dass wir diese Nacht schlafen wie die Murmeltiere. Das war ein außergewöhnlicher Tag heute. Morgen müssen wir schon nachhause fahren.