Nicci (23)
Bald darauf hält er vor seiner Garage, wartet bis die Automatik das Garagentor hochgefahren hat und fährt in die Garage hinein. Wir betreten seine Wohnung über die Verbindungstür. Peter stellt meine Tasche auf das Bett und geht sofort in die Küche. Währenddessen habe ich meinen Kurzmantel in die Garderobe gehängt.
„Ich habe schon alles vorbereitet,“ sagt er, als ich nun die Küche betrete.
Er schiebt eine Pizza in den Ofen und verteilt einen Salat auf jeweils der Hälfte zweier Teller.
„Was ist das?“ frage ich.
„Das nennt sich ‚Wintersalat‘,“ gibt er bereitwillig Auskunft. „Ich habe dafür vorhin Möhren, Rotkohl, Sellerie und Äpfel geschnitzelt.“
„Ah,“ mache ich. Das hört sich schmackhaft an.
Nach einigen Minuten holt er die Pizza aus dem Ofen, schneidet sie in der Mitte durch und belegt damit die leeren Hälften der Teller. In der Zwischenzeit habe ich schon alles andere auf den Esstisch gebracht. Nach dem Essen helfe ich ihm ungefragt beim Abräumen.
„Es wird schon dämmerig,“ meint Peter. „Aber du hast jetzt stundenlang gesessen – und konntest heute auch nicht joggen. Wir sollten mal einen Spaziergang in die Felder und Wiesen machen.“
Ich nicke und denke mir: ‚Warum nicht…‘
Wir verlassen das Haus nachdem Peter eine kleine Plastiktüte in die Hand genommen hat. Draußen gehen wir über eine Fußgängerbrücke aus Holz, die über ein Flüsschen führt, das mir hier eher wie ein Rinnsal vorkommt, auf einen Feldweg. Dieser führt anfangs an einer Wiese vorbei die von einem Elektrodraht eingezäunt ist.
Einige Minuten später endet der Draht als die Wiese eine Hanglage bekommt. Peter greift in die Tüte und holt den länglichen Ball hervor, den wir vor zwei Wochen zum Apportieren gebraucht haben. Ich schaue Peter an. Er zwinkert mir zu.
„Achte auf der Wiese, wo du hintrittst!“ sagt er. „Zwischen dem Gras hast du immer wieder Mauselöcher und Maulwurfshügel. Also nicht blindlings laufen!“
Und schon hat er den Ball auf die Wiese geworfen. Ich laufe hinterher und umrunde dabei einige aufgeworfene Erdhügel. Dann nehme ich den Ball auf und laufe zum Feldweg zurück, um über diesen auf Peter zulaufen zu können. Er hat inzwischen die Tüte in einer der Gesäßtaschen seiner Hose gesteckt und kommt mir entgegen gewandert.
Ich übergebe ihm den Ball, gehe auf alle Viere und starte sofort wieder, denn Peter hat den Ball schon wieder auf die Wiese geworfen. Dann läuft er in leichtem Trab den Weg entlang in Richtung Wald. Dabei bringe ich ihm noch dreimal den Ball und er wirft ihn wieder in die Natur.
Beim letzten Mal bekomme ich Stechen im Unterleib und verhalte im Schritt. Ich gehe langsam auf Peter zu. Er hat mich beobachtet und kommt mir nun entgegen.
„Ist etwas passiert?“ fragt Peter besorgt

„Ich weiß nicht,“ antworte ich mit verkniffenem Gesicht. „Ich habe einen Stich verspürt und jetzt habe ich Bauchschmerzen.“
„Hm,“ macht Peter und nimmt mir den Ball ab, den er wieder in die Tüte zurücksteckt und an sein linkes Handgelenk hängt. Dann umfasst er mich mit dem rechten Arm und sagt:
„Wir gehen nachhause! Sag mir sofort, wenn die Schmerzen stärker werden!“
Ich nicke und wir treten langsam den Rückweg an. In meinem Bauch rumort es. Fast haben wir seine Wohnung erreicht, muss ich mich vornüberbeugen und erbrechen. Peter bleibt an meiner Seite, stützt mich und reicht mir ein Papiertaschentuch, als ich wieder hochkomme. Dankbar schaue ich ihn an.
„Schnell! Ich muss dringend!“ flehe ich ihn um Hilfe. Er hat die Wohnungstür schon offen und lässt mich vorbei.
Ich beeile mich zur Toilette und bleibe lange sitzen. Peter fragt von draußen besorgt:
„Geht es dir gut?“
„Etwas…“ antworte ich. „Ich bin gleich fertig.“
Trotzdem dauert es noch eine Weile bis ich heraus komme. Peter sitzt im Wohnzimmer und steht auf, als ich hinzukomme.
„Was war los?“ fragt er mich, mit faltiger Stirn.
„Ich weiß nicht,“ sage ich gequält. „Bauchweh, Erbrechen, Durchfall…“
„Okay,“ bestimmt er nun. „Du gehörst ins Bett! Ist ja sowieso schon spät, aber ich schau noch einmal in der Küche, was ich für dich tun kann.“
Er führt mich ins Schlafzimmer und legt mich sanft ins Bett. Dann ist er schnell aus dem Zimmer verschwunden und wenige Sekunden später mit einer Plastikschüssel aus der Küche wieder bei mir.
„Falls du noch einmal brechen musst,“ kommentiert er sein Tun und stellt sie neben mich auf den Boden. „Ich gehe nochmal in die Küche und koche dir einen Tee!“
Damit verlässt er mich schon wieder und ich höre ihn in der Küche rumoren. Eine Küchenmaschine läuft. Nach vielleicht einer halben Stunde, in der ich die Schüssel benutzen musste, ist Peter zurück. Er stellt eine Tasse und eine Thermoskanne auf das Nachttischchen und einen tiefen Teller daneben. Die hellbraune Pampe kenne ich aus Kindertagen: Haferbrei!
Belustigt schaue ich Peter an.
„Bin ich denn so sterbenskrank?“
Er beugt sich zu mir runter und gibt mir einen Kuss.
„Wir werden sehen. Je nachdem wie es dir morgen geht… So etwas kann in drei Tagen schon wieder vorbei sein, wenn wir Glück haben. Magen-Darm kommt meist aus heiterem Himmel…“
„Wenn nicht?“ frage ich.
„Ich werde dich übermorgen nicht krank in den Zug setzen, Liebes! Wenn, dann fahre ich dich nachhause.“
Ich will aufbegehren, aber er ‚fährt mir über den Mund‘:
„Keine Widerrede! Ich kümmere mich um dein Wohl!“
„Ja, Mama,“ sage ich schwach mit ironischem Unterton.
Ich trinke einen Schluck Tee und kommentiere:
„Kamille!“