Mars05-Die Hochzeit (4)
Die komplette Woche nach unserem Besuch der Glaskunst-Ausstellung hat Madikwe noch frei. Sicher wird sie Freunde haben und hat mit ihrer Clique einiges vor an ihren freien Abenden. Dennoch frage ich an, ob ich sie wiedersehen und mit ihr einen Club besuchen darf. Madikwe lächelt mich über den Bildschirm des Tablets an und sagt zu, auch wenn sie den Termin um einen Tag verschiebt, weil sie am vorgeschlagenen Termin schon besetzt ist. Ich akzeptiere das und lasse mich von einer Rikscha zu ihrem Wohnblock fahren. ALBA muss währenddessen zuhause bleiben. Sie zeigt mir ihre Trauer zum Abschied.
Zuhause habe ich mir überlegt, was ich für den Clubbesuch anziehen könnte. Meine Dienstkleidung muss es nicht sein. Es soll aber etwas anderes als meine Alltagskleidung sein. Da fällt mir meine Astronautenkleidung ein. Auch wenn ich dann vielleicht aussehe, als würde ich zum Fasching gehen. Also wähle ich die Dienstkleidung der Space Resource Corporation, dem Nachfolger der Mars Resource Corporation.
Dem Rikschafahrer sage ich:
?Bitte warten Sie hier! Ich hole jemand ab und zusammen wollen wir dann in den Olympia Club.?
Er nickt mir zu und ich betrete das Foyer. Madikwe sitzt schon wartend in der Sitzgruppe. Auf sie zugehend, sage ich:
?Hallo, bist du bereit??
Sie hat einen bunten Traum angezogen und schaut mir lächelnd entgegen. Fast eine Stunde später betreten wir den Club und werden erst einmal von den Anwesenden neugierig beäugt. Dann drehen sie sich wieder um und nehmen die unterbrochene Unterhaltung wieder auf.
Wir werden an einen freien Tisch geleitet, was ich schon kenne, und nach unseren Wünschen gefragt. Wir bestellen uns verschiedene alkoholfreie Drinks, die kurz darauf vor uns stehen. Die Musik in dem Etablissement ist für meine Ohren fremdartig und auch die Bewegungen der Tänzer sind gewöhnungsbedürftig. Das traue ich mir nicht zu.
Als wir unsere Gläser geleert haben, hier muss man sofort bezahlen, erheben wir uns und schauen uns etwas um. Wir finden Leute, die im Online-Spiel versunken sind. Eine Etage tiefer kann man sich jedoch auch selbst sportlich betätigen. Die Bogenschützen interessieren mich.
Nachdem wir eine Weile zugesehen haben, wähle ich einen Bogen und erhalte drei Pfeile. Ich prüfe die Sehne und visiere die Zielscheibe an. Plötzlich schreit Madikwe auf. Einer der Gäste des Clubs hat sie im Griff und bewegt sich langsam rückwärts auf die Wand des Raumes zu. Ob sein Ziel eigentlich die Tür gleich daneben ist? Ich drehe mich mit gespannter Sehne um.
Ein Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit seiner Kleidung an die Wand. Madikwe kommt auf mich zu gelaufen und versteckt sich hinter meinem breiten irdischen Rücken. Ich habe sogleich einen zweiten Pfeil auf der Sehne und drehe mich etwas.
?Hat noch jemand Interesse?? frage ich, ernte aber nur Kopfschütteln.
Der Pfeil verlässt meinen Bogen und nagelt den Mann mit einem anderen Zipfel seiner Kleidung an die Wand. Dann stelle ich den Bogen zurück und gebe den restlichen Pfeil dem Mann zurück, der hier die Pfeile ausgibt. Madikwe in den Arm nehmend, sage ich:
?Wir sollten hier verschwinden!?
Sie nickt mit schockgeweiteten Augen und lässt sich von mir die Treppe hinauf und zum Ausgang schieben. Draußen bringe ich sie zum Rikscha-Stand. Sie drückt sich hilfesuchend an mich. Plötzlich springen drei Gestalten hinter den Säulen der Eck-Balustrade hervor und verwickeln mich in ein Handgemenge.
Die Schwerkraft des Mars ist nur ein Drittel derer der Erde. Um meine Muskulatur zu trainieren, gehe ich regelmäßig in ein Sportstudio. So baut sich zumindest nicht meine Muskulatur ab. Gegenüber irdischen Sportstudio-Besuchern hätte ich wohl keine Chance. Hier aber liegen die Dinge anders. Es nutzt ihnen auch nichts, dass sie versuchen Madikwe als Schild zwischen sich und mir zu bekommen.
Bald liegen sie am Boden und Madikwe lehnt sich schwer atmend an mich. Ich überlege gerade, ob wir uns mit der Rikscha aus dem Staub machen sollen, als drei Männer in schwarzen Uniformen mit Teasern im Anschlag auftauchen und wissen wollen, was geschehen ist. Die Sicherheitskräfte dieses Gebäudeblocks sind wohl alarmiert worden und die Drei sollten nach dem Rechten sehen.
Ich erzähle ihnen die Geschichte und Madikwe bestätigt sie. Danach müssen wir unsere Personalien abgeben und können gehen. Während wir die Rikscha besteigen, sehe ich, dass die Drei unsanft vom Boden hochgenommen und abgeführt werden.
Auf der Fahrt zu Madikwes Wohnblock frage ich sie:
?Kannst du mir sagen, was da eben los war? Was waren das für Leute, die uns an den Kragen wollten??
Sie zuckt die Schultern.
?Das waren Wegelagerer, die Geld wollten??
?Ja, aber das fing ja schon im Club an! Verkehrt dort auch solches Gesindel??
?Leider wohl ja. Um ihrer Online-Spielsucht zu frönen, braucht es Geld. Und wir waren noch nie dort gewesen, also potentielle Opfer.?
?Hm, warum hast du mich nicht vorgewarnt und mir lieber ein anderes Etablissement vorgeschlagen??
Ich schaue sie fragend an. Sie lächelt geheimnisvoll und meint:
?Wenn du magst, hole mich morgen eine Stunde später ab. Dann fahren wir zu dem Club, wo ich mich immer gerne mit meinen Freunden zum Klönen treffe, mein starker Beschützer.?

*

Krotoa ist genervt. Schon zwei Stunden hat sie inzwischen hier im Club verbracht.
?Warum habe ich mich nur von Madikwe so kurzfristig überreden lassen, einmal wieder hierher zu gehen?? geht ihr durch die Gedanken. ?Gut, sie ist meine beste Freundin und hat mich gestern Abend eindringlich gebeten hierher zu kommen. Trotzdem hätte ich es besser wissen sollen. Hier finde ich es, schlicht gesagt, öde.?
Während Krotoa einen Schluck aus ihrem Glas trinkt, lässt sie den Blick durch den Raum schweifen. Drei Paare bewegen sich auf der Tanzfläche. Einige weitere Gäste halten sich an der Bar auf. Aus den Boxen dröhnt Musik. Krotoa hat es sich an einem Cocktailtisch auf einem Sessel bequem gemacht.
?Dieser Club entspricht einfach nicht meinem Niveau. Die Musik ist nicht nach meinem Geschmack, die Ausstattung ist irgendwie ? billig. Die Leute hier sind mir zu einfältig und nicht annähernd hübsch genug. Sie entsprechen höchstens dem Durchschnitt,? urteilt sie in Gedanken.