Mars06-Leben mit Pets (7)
?Sunshine? schnaubt leise, also gehen wir zusammen durch das Stalltor hinaus zur Koppel. Am Gatter hat der Hengst Schweißperlen auf der Stirn und zeigt einen schmerzverzerrten Gesichtsausdruck. Herr Armstrong schüttelt den Kopf und sagt mit vorwurfsvoller Stimme:
?Kein falscher Ehrgeiz, mein Junge! Für heute soll es gut sein.?
Er streicht ?Sunshine? mit einem Tuch den Schweiß aus dem Gesicht und gibt ihm einen leichten Klaps auf das Gesäß. Dann fasst er wieder zu und legt sich den Hengst über die linke Schulter. Ich bücke mich und nehme die umgefallenen Unterarmstützen auf. So gehen wir wieder in den Stall und Herr Armstrong legt den Hengst vorsichtig wieder auf sein Strohlager zurück.
Zu mir sagt er anschließend:
?Ich denke, er macht sich. Sein Feuer ist noch nicht erloschen!?
Ich nicke. Es freut mich, dass mein Gast mit seiner Neuerwerbung zufrieden ist.

*

Als die Männer vom Frühstück aufstehen, bedanke ich, Madikwe Armstrong, mich bei Frau Willows für das gute Frühstück und räume, wie selbstverständlich, das Geschirr und Besteck zusammen. Ich denke, Frau Willows muss nicht alles alleine machen. Sie sagt dazu:
?Folgen Sie ruhig den Männern! Sie sind doch bestimmt ebenso neugierig auf ihre Neuerwerbung. Das hier schaffe ich ohne Probleme alleine.?
?Okay,? antworte ich lächelnd. ?Ich wollte nur nicht unhöflich sein.?
Frau Willows meint augenzwinkernd:
?Das ist schon okay. Gehen Sie ruhig den Männern hinterher, damit das weibliche Element in den Gesprächen nicht zu kurz kommt. Männer übersehen manchmal etwas??
Also gehe ich zur gleichen Tür, durch die eben die Männer den Raum verlassen haben. ALBA will mir folgen. Ich sage kopfschüttelnd zu ihr:
?ALBA, BLEIB!?
Danach ziehe ich die Tür hinter mir zu und finde mich in einem Raum voller Accessoires für den Reitsport wieder. Die Tür in der gegenüberliegenden Wand steht offen und ich höre die Männer dahinter miteinander sprechen.
Auch diese Tür durchschreitend stehe ich nun im Mittelgang des Stalles. Ich folge den Stimmen und kann in eine Box schauen, in der ein junges männliches Pet mit einem Bein in einer Schale liegt. Um besser sehen zu können, stelle ich mich neben Tim.
Herr Willows erklärt uns, dass ?Sunshine? die letzten drei Wochen seit dem Unfall bewegungslos in der Schale gelegen hat. Er hat Intensiv-Pflege genießen dürfen, das heißt, er wurde gefüttert und getränkt. Auch das regelmäßige Wechseln der Schutzhose hat dazu gehört.
Wir sind ja von Olympia hierhergekommen, weil er uns berichtet hat, dass sie seit ein paar Tagen versuchen, ?Sunshine? wieder auf die Hufe zu stellen. Dafür haben sie seine Arme befreit und ihm Unterarmstützen gegeben.
Tim beugt sich nun zu ?Sunshine hinunter und hebt ihn vorsichtig aus seinem Strohlager. Er lässt den Hengst vor seiner Brust schweben und sagt zu Herr Willows:
?Geben Sie ihm seine Unterarmstützen!?
Unser Gastgeber reicht dem jungen Hengst die Stützen und achtet darauf, dass die Unterarme richtig in den Stützen liegen. Anschließend setzt Tim ?Sunshine? vorsichtig ab.
Als dieser auf seinen Hufen vor uns steht, tritt Tim einen Schritt zurück, wohl um einen Gesamteindruck von dem Hengst zu bekommen, der den Eindruck eines ?Häufchen Elends? macht, obwohl er eine positive ärztliche Prognose hat. Aber es ist schon etwas anderes, im Computer-Tomogramm die Knochen heilen zu sehen, und dies auch emotional anzunehmen. Die kurzen Gänge auf den Hufen sollen ihm nun das Selbstvertrauen zurückgeben.
Ich halte kurz den Atem an, als Tim fragt, ob man dem Hengst heute schon die Schutzhose gewechselt hat. Natürlich muss das geschehen, bevor der Hengst uns vorführt, wie gut er schon mit Hilfe der Unterarmstützen gehen kann. Was ich dann aber zu sehen bekomme, lässt mich große Augen machen.
Tim beugt sich nun vor und löst die Klebebänder an den Flanken des Hengstes. Danach zieht er ihm die Hose vorsichtig zwischen den Beinen hervor und hält sie dabei mit der anderen Hand hinten hoch. Anschließend wischt er den Hengst mit der Innenseite der Hose untenrum grob sauber und faltet sie wie ein Paket zusammen, das er dann Herrn Willows überreicht. Die Aktion ist mit, für Städter wie mich, ungewohntem Geruch verbunden, den Tim aber nicht zu stören scheint.
Tim lächelt uns an und erklärt:
?Ab und zu ist es schon von Vorteil, Astronaut gewesen zu sein.?
Er will sicher nicht zu sehr in die Hof-Arbeit eingreifen, was unhöflich sein könnte und bietet Herrn Willows an, die weitere Hygiene nun selbst zu übernehmen. Dieser schüttelt aber lächelnd den Kopf und fordert Tim auf, ruhig die Arbeit zu Ende zu führen.
Herr Willows führt uns zu einem Wasseranschluss an der gegenüberliegenden Wand des Mittelganges und öffnet den Wasserhahn. Er temperiert da Wasser durch Prüfen mit der Hand und übergibt den Schlauch anschließend an Tim.
Mit dem Wasser und einem Einwegtuch reinigt Tim den Hengst sanft und gründlich. Das erscheint mir ziemlich professionell. Ich habe bisher nicht gewusst, dass Astronauten so etwas lernen müssen.